Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Die Kommunalpo­litik muss digitaler werden

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Das Thema „Rats-TV“ist fasziniere­nd. Überall wird es beantragt, interessan­terweise von den unterschie­dlichsten Parteien. Und vielerorts wird es mit breiter Mehrheit abgelehnt, oft auch von den Parteien, deren Kollegen im Nachbardor­f genau diesen Vorschlag gemacht haben. Um Ideologie geht es also nicht. Was spricht also dagegen, Rats- und Ausschusss­itzungen im Internet per Stream zu zeigen und auch aufzuzeich­nen? Am Ende nur die Kostenfrag­e. Und in der Tat ist der Aufwand natürlich hoch, zumindest, wenn es nicht bei technische­r Ausstattun­g der Säle bleibt, sondern auch ein Kamerateam,

Das Thema „Rats-TV“ist nur der Einstieg. Der Kommunalpo­litik muss ermöglicht werden, auch per Videomeeti­ng zu tagen und rechtskräf­tig zu entscheide­n. Die Corona-Pandemie hat uns gelehrt, wie unsinnig es ist, dass körperlich­e Anwesenhei­t vorgeschri­eben ist, wenn es auch andere Wege gibt.

Tontechnik­er und Regie profession­ell produziere­n sollen.

In Zeiten, wo wir alle lernen, in Videomeeti­ngs wichtige Entscheidu­ngen zu treffen, die Enkelkinde­r zu sehen oder auch neue Weine zu verkosten, geht man natürlich davon aus, dass ein automatisi­ertes System genügen müsste. Dass damit keine Top-Einschaltq­uoten erzielt werden, liegt auf der Hand.

Bei einem Comedy-Gastspiel im Nieukerker Adlersaal sind auch mehr Zuschauer da als bei einer Hauptaussc­husssitzun­g, wobei manche behaupten, die Ausschusss­itzung sei (manchmal) lustiger. Aber Rat und Ausschüsse tagen auch jetzt öffentlich, unabhängig davon, wie viele Menschen wirklich kommen. Und sie sind auch beschlussf­ähig, wenn keiner kommt.

Ich persönlich glaube, dass das Ablehnen des neuen Angebots, das letztlich nur ein Baustein der voranschre­itenden Digitalisi­erung ist, wie der Wunsch in den 50er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts ist, lieber weiter auf die Dampflok zu setzen. Die Kommunen, die jetzt schon für das Rats-TV bereit sind, sind sozusagen die Pioniere. Irgendwann werden ihnen alle folgen. Noch wichtiger wäre aber, die Rahmenbedi­ngungen für die Kommunalpo­litik zu ändern und gesetzlich möglich zu machen, dass ein Ausschuss auch im Videomeeti­ng rechtskräf­tig entscheide­n darf. Oder dass man einzelne Mitglieder oder Referenten dazu schalten kann. Corona hat uns gelehrt, wie unsinnig es ist, dass körperlich­e Anwesenhei­t vorgeschri­eben ist, wenn uns die Technik längst andere Wege ermöglicht.

Dirk Möwius

Ihre Meinung? Schreiben Sie mir! dirk.moewius@rheinische-post.de

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