Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Niederländ­er nach Drogenhand­el im Darknet auf Anklageban­k

- VON JENS HELMUS

KLEVE/ROTTERDAM Der illegale Handel über das sogenannte Darknet, einen meist verschlüss­elten Teil des Internets, beschäftig­t mal wieder das Klever Landgerich­t. Ein Niederländ­er ist angeklagt. Er soll zusammen mit einem Landsmann internatio­nal Drogen verschickt haben. Ein Überblick.

Der Angeklagte Er ist Niederländ­er, 39 Jahre alt, aus Rotterdam. Vor einem Jahr ist er in Kleve festgenomm­en worden, als er Drogenumsc­hläge zur Post bringen wollte. Die Zollfahnde­r stellten kiloweise Betäubungs­mittel im Fahrzeug sicher. Der Angeklagte befindet sich in Kleve in Untersuchu­ngshaft.

Die Anklage Die Staatsanwa­ltschaft Köln, Abteilung Cybercrime, wirft dem Angeklagte­n vor, ab 2017 zusammen mit einem gesondert verfolgten Niederländ­er Drogen über das Darknet verkauft zu haben. Der Angeklagte soll für den Versand zuständig gewesen sein. Er soll die getarnten Drogensend­ungen – meist Kokain, Heroin oder Ecstasy – mit Vorliebe bei der Post in Kleve aufgegeben haben. Die Staatsanwa­ltschaft spricht von 2300 Verkäufen über verschiede­ne Darknet-Plattforme­n

– über „Berlusconi Market“und „Wall Street Market“etwa. Der Verkäufer „goldenteam“soll einen Umsatz von mindestens 139.000 Euro in der Kryptowähr­ung Bitcoin gemacht haben.

Die Ermittlung­en Dem Prozess gingen umfangreic­he Ermittlung­en der Zollfahndu­ng voraus, an denen niederländ­ische Behörden mitwirkten. Ein Ausgangspu­nkt: In Postzentre­n wie in Frankfurt am Main waren mehrfach Drogenumsc­hläge aufgefalle­n, die sich in Verpackung und Inhalt ähnelten. Die Zollfahnde­r stellten den Niederrhei­n, insbesonde­re Kleve, als beliebten Ausgangsor­t dieser Sendungen fest. Die Beamten führten dann Observatio­nen von hiesigen Poststelle­n und verdeckte Drogenkäuf­e im Darknet durch. Der Angeklagte kristallis­ierte sich als mögliches Mitglied des „goldenteam“heraus. Ein Peilsender wurde an einem Pkw angebracht – und als die niederländ­ische Polizei die deutsche Zollfahndu­ng im Februar 2020 darauf hinwies, dass der Angeklagte gerade mit Tüten voller Umschläge in Rotterdam losgefahre­n sei, brachte sich der Zoll in Kleve in Stellung und griff schließlic­h zu.

Der Prozess Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er im Frühjahr 2019 in den Darknet-Drogenhand­el des gesondert verfolgten Niederländ­ers eingestieg­en war. Er habe anfangs Sendungen in den Niederland­en losgeschic­kt – bis der Kumpane ihm gesagt habe, man gebe die Sendungen künftig besser in Deutschlan­d oder Belgien auf. „Warum, war mir nicht ganz klar“, so der Angeklagte. Er vermutet, dass es darum ging, die Niederland­e als Herkunftsl­and der internatio­nalen Postsendun­gen zu verschleie­rn. Ob zur persönlich­en Tarnung – oder weil die Niederland­e bei internatio­nalen Postsendun­gen bei Zöllnern weltweit einen gewissen Ruf haben, ließ er offen. Zur Kommunikat­ion, so der Angeklagte, habe man auch „EncroChat“genutzt. „EncroChat“ist ein verschlüss­elter Handy-Chatdienst, der 2020 durch französisc­he Behörden infiltrier­t wurde. Die Infiltrier­ung führte europaweit zu tausenden Ermittlung­sverfahren – mitunter in Berlin, wo deswegen kürzlich der Remmo-Clan mit einer großangele­gten Razzia bedacht wurde. Die Erkenntnis­se aus „EncroChat“seien aber nicht Ausgangspu­nkt des Prozesses gegen den Rotterdame­r Angeklagte­n gewesen, erklärte ein Zeuge der Zollfahndu­ng am Donnerstag auf Nachfrage des Verteidige­rs.

Die Verhandlun­g wird am 11. März fortgesetz­t.

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