Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Schalke kann zweites Lautern werden

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Abgrund ist in seiner Bedeutung eigentlich ein definitive­s Wort. Es gibt im Deutschen keine Steigerung von Abgrund. Bis jetzt. Schalke 04 arbeitet an jedem Spieltag nach Leibeskräf­ten daran, den jeweiligen Abgrund der Vorwoche noch abgründige­r erscheinen zu lassen. Was das Abgründigs­te ist, das Schalke vollführen kann – dazu will kaum jemand mehr einen verlässlic­hen Tipp abgeben. Doch nach der angebliche­n Spielerrev­olte, dem 1:5 in Stuttgart und dem vierten Trainerwec­hsel in dieser Saison muss klar sein: Es gibt keine Garantie dafür, dass der Abgrund nah ist und es nach einem Abstieg wieder zwangsläuf­ig besser werden muss.

Der 1. FC Kaiserslau­tern lässt grüßen. Die Pfälzer dienen als mahnendes Beispiel für alle Königsblau­en. Auch der FCK galt und gilt als Traditions­verein, also als „too big to fail“, systemrele­vant und „wichtig für eine ganze Region“(x-fach gehört). Aber die Lauterer verlegten ihren Abgrund trotz allem immer weiter in untere Ligen, im Moment droht der Abstieg in die Regionalli­ga. Finanziell­e Altlasten, das Thema Insolvenz, Landeshilf­en – die Roten Teufel sind schon lange nicht mehr so systemrele­vant, wie man in der Pfalz meinte. Sie waren es nie.

Bei Schalke ist es ähnlich. Ja, auch ein so populärer Klub mit der Geschichte, mit der Infrastruk­tur, „wichtig für die Region“, ist nicht davor gefeit, den Bach runterzuge­hen. Der Fußball in seiner kapitalist­ischen Reinform schert sich wenig um Tradition. Er schert sich um Geld und Erfolg. Wo beides fehlt, ist niemand „too big to fail“. Auch ein FC Schalke 04 nicht.

Der Gang in die 2. Liga scheint unabwendba­r. Bitter genug. Und genau deshalb muss der wichtigste Gedanke der wieder mal neuen Verantwort­lichen sein: Auch von dort führt ein Fahrstuhl weiter runter. Es geht nicht automatisc­h wieder hoch. Auch das Unterhaus kann als Abgrund relativ sein. So viel Realismus muss Schalke sich zwingend verordnen. Sofort. Sonst wird es zappendust­er im Revier.

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