Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Schalke kann zweites Lautern werden
Abgrund ist in seiner Bedeutung eigentlich ein definitives Wort. Es gibt im Deutschen keine Steigerung von Abgrund. Bis jetzt. Schalke 04 arbeitet an jedem Spieltag nach Leibeskräften daran, den jeweiligen Abgrund der Vorwoche noch abgründiger erscheinen zu lassen. Was das Abgründigste ist, das Schalke vollführen kann – dazu will kaum jemand mehr einen verlässlichen Tipp abgeben. Doch nach der angeblichen Spielerrevolte, dem 1:5 in Stuttgart und dem vierten Trainerwechsel in dieser Saison muss klar sein: Es gibt keine Garantie dafür, dass der Abgrund nah ist und es nach einem Abstieg wieder zwangsläufig besser werden muss.
Der 1. FC Kaiserslautern lässt grüßen. Die Pfälzer dienen als mahnendes Beispiel für alle Königsblauen. Auch der FCK galt und gilt als Traditionsverein, also als „too big to fail“, systemrelevant und „wichtig für eine ganze Region“(x-fach gehört). Aber die Lauterer verlegten ihren Abgrund trotz allem immer weiter in untere Ligen, im Moment droht der Abstieg in die Regionalliga. Finanzielle Altlasten, das Thema Insolvenz, Landeshilfen – die Roten Teufel sind schon lange nicht mehr so systemrelevant, wie man in der Pfalz meinte. Sie waren es nie.
Bei Schalke ist es ähnlich. Ja, auch ein so populärer Klub mit der Geschichte, mit der Infrastruktur, „wichtig für die Region“, ist nicht davor gefeit, den Bach runterzugehen. Der Fußball in seiner kapitalistischen Reinform schert sich wenig um Tradition. Er schert sich um Geld und Erfolg. Wo beides fehlt, ist niemand „too big to fail“. Auch ein FC Schalke 04 nicht.
Der Gang in die 2. Liga scheint unabwendbar. Bitter genug. Und genau deshalb muss der wichtigste Gedanke der wieder mal neuen Verantwortlichen sein: Auch von dort führt ein Fahrstuhl weiter runter. Es geht nicht automatisch wieder hoch. Auch das Unterhaus kann als Abgrund relativ sein. So viel Realismus muss Schalke sich zwingend verordnen. Sofort. Sonst wird es zappenduster im Revier.