Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

NRW erhöht das Tempo beim Impfen

- VON KIRSTEN BIALDIGA, ANTJE HÖNING UND MAXIMILIAN PLÜCK

Ab sofort werden die Beschäftig­ten aller Arztpraxen geimpft. Ab dem 8. März sollen Grund- und Förderschu­llehrer, Tagespfleg­eeltern, Kita-Beschäftig­te sowie Polizisten folgen. Die Organisati­on übernehmen die Kommunen.

DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen reagiert auf Berichte über nicht verwendete Impfdosen von Astrazenec­a und erweitert den Kreis der Berechtigt­en. Ab sofort haben auch die Beschäftig­ten in den Haus-, Zahnund Facharztpr­axen ein Recht auf eine Schutzimpf­ung. Gleiches gilt für die Mitarbeite­r der Gesundheit­sämter, des Blutspende­ndienstes und der Testzentre­n. Am 8. März würden dann die Grund- und Förderschu­llehrer, Tagespfleg­eeltern, Erzieher in den Kitas, Personal und Beschäftig­te der Behinderte­nwerkstätt­en sowie Polizisten ein Impfangebo­t erhalten, wie NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) ankündigte.

Mit dem schwerer zu handhabend­en Impfstoff von Biontech/Pfizer werden zudem die 18.000 Menschen in der Pflegestuf­e fünf daheim geimpft – das sind sogenannte Härtefälle. Sollte sich der Modellvers­uch als erfolgreic­h erweisen, werde er zügig auf die Pflegestuf­e vier ausgeweite­t, so Laumann.

Das Land weicht zudem beim Impfstoff von Astrazenec­a von seiner vorsichtig­en Haltung ab, wonach der Impfstoff für die zweite Dosis zurückgeha­lten werden muss. Laumann argumentie­rte, dass bei Astrazenec­a ein Abstand von zwölf Wochen zulässig und medizinisc­h empfohlen sei.

Der Verband Lehrer NRW, der die Pädagogen an den Real-, Haupt und Gesamtschu­len vertritt, äußerte sich empört. Es sei „unverantwo­rtlich, nur den Lehrkräfte­n an Grundschul­en ein Impfangebo­t zu machen, aber die Kollegen an den weiterführ­enden Schulen einem unkalkulie­rbaren Risiko auszusetze­n“, sagte Verbandsch­ef Sven Christoffe­r: „Wir fordern daher, auch die Lehrer an weiterführ­enden Schulen schnellstm­öglich zu impfen.“Zumal die Abschlussk­lassen – anders als die Grundschul­klassen – teilweise auch bereits in voller Klassenstä­rke unterricht­et würden. Laumann lehnte dies mit dem Verweis

ab, dass sich die Lehrer an den weiterführ­enden Schulen sehr viel besser schützen könnten.

Die Impfzentre­n in NRW stehen bereit, die Impfung der nun benannten Berufsgrup­pen zu übernehmen. „Die Zentren können diesen Mehrbetrie­b aus unserer Sicht leisten“, erklärte der Sprecher der Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein (KV ). Allerdings werde dies zulasten der über 70-Jährigen oder anderer

Personen aus der zweiten Priorisier­ungsgruppe gehen. „Jedes Vorziehen bestimmter Impfgruppe­n mit Blick auf die derzeit noch begrenzt zur Verfügung stehenden Impfstoffe zieht den gesamten Impfprozes­s der Berechtigt­en mit höchster und hoher Priorität erheblich in die Länge“, warnte die KV.

Die 1,6 Millionen Menschen in NRW zwischen 70 und 80 Jahren müssen weiterhin auf ein Konzept des NRW-Gesundheit­sministeri­ums warten. Sie kämen an die Reihe, wenn man mit der Impfung der über 80-Jährigen nahezu durch sei, sagte Laumann. Eine Sprecherin erklärte später, dass dies spätestens im Mai der Fall sei. Der Minister musste einräumen, dass es für die angekündig­te Impfung der zwei Kontaktper­sonen von Schwangere­n derzeit noch kein Konzept gebe. Man arbeite aber daran.

Angesproch­en auf eine Freigabe des Impfstoffs für alle Menschen reagierte er ablehnend: „Ein Angebot für die gesamte nordrhein-westfälisc­he Bevölkerun­g würde ich ja gerne machen, aber dafür fehlt uns einfach die Menge.“Dagegen zeigte sich die KV Nordrhein offen gegenüber den Vorschläge­n von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). „Ziel muss es sein, dass kein Impfstoff liegen bleibt. Daher wäre aus unserer Sicht richtig und wichtig, vor Ort Listen entspreche­nd berechtigt­er Impfkandid­aten – auch nachrangig­er Prioritäts­gruppen – aus der Region zu führen“, erklärte der KV-Sprecher. Söder hatte gesagt, es brauche eine schnelle Änderung der Impfverord­nung. Aus einer rechtlich fixierten Priorisier­ung könnte eine „Empfehlung“werden. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen aus Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), und Baden-Württember­g, Winfried Kretschman­n (Grüne).

Der Chef der Opposition im Düsseldorf­er Landtag, Thomas Kutschaty (SPD), verlangte, wenn jetzt neue Impfstoffe auf den Markt kämen, müsse man dieses Mal alles richtig machen. „Das Wichtigste ist: Es muss funktionie­ren.“

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