Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
NRW erhöht das Tempo beim Impfen
Ab sofort werden die Beschäftigten aller Arztpraxen geimpft. Ab dem 8. März sollen Grund- und Förderschullehrer, Tagespflegeeltern, Kita-Beschäftigte sowie Polizisten folgen. Die Organisation übernehmen die Kommunen.
DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen reagiert auf Berichte über nicht verwendete Impfdosen von Astrazeneca und erweitert den Kreis der Berechtigten. Ab sofort haben auch die Beschäftigten in den Haus-, Zahnund Facharztpraxen ein Recht auf eine Schutzimpfung. Gleiches gilt für die Mitarbeiter der Gesundheitsämter, des Blutspendendienstes und der Testzentren. Am 8. März würden dann die Grund- und Förderschullehrer, Tagespflegeeltern, Erzieher in den Kitas, Personal und Beschäftigte der Behindertenwerkstätten sowie Polizisten ein Impfangebot erhalten, wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ankündigte.
Mit dem schwerer zu handhabenden Impfstoff von Biontech/Pfizer werden zudem die 18.000 Menschen in der Pflegestufe fünf daheim geimpft – das sind sogenannte Härtefälle. Sollte sich der Modellversuch als erfolgreich erweisen, werde er zügig auf die Pflegestufe vier ausgeweitet, so Laumann.
Das Land weicht zudem beim Impfstoff von Astrazeneca von seiner vorsichtigen Haltung ab, wonach der Impfstoff für die zweite Dosis zurückgehalten werden muss. Laumann argumentierte, dass bei Astrazeneca ein Abstand von zwölf Wochen zulässig und medizinisch empfohlen sei.
Der Verband Lehrer NRW, der die Pädagogen an den Real-, Haupt und Gesamtschulen vertritt, äußerte sich empört. Es sei „unverantwortlich, nur den Lehrkräften an Grundschulen ein Impfangebot zu machen, aber die Kollegen an den weiterführenden Schulen einem unkalkulierbaren Risiko auszusetzen“, sagte Verbandschef Sven Christoffer: „Wir fordern daher, auch die Lehrer an weiterführenden Schulen schnellstmöglich zu impfen.“Zumal die Abschlussklassen – anders als die Grundschulklassen – teilweise auch bereits in voller Klassenstärke unterrichtet würden. Laumann lehnte dies mit dem Verweis
ab, dass sich die Lehrer an den weiterführenden Schulen sehr viel besser schützen könnten.
Die Impfzentren in NRW stehen bereit, die Impfung der nun benannten Berufsgruppen zu übernehmen. „Die Zentren können diesen Mehrbetrieb aus unserer Sicht leisten“, erklärte der Sprecher der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV ). Allerdings werde dies zulasten der über 70-Jährigen oder anderer
Personen aus der zweiten Priorisierungsgruppe gehen. „Jedes Vorziehen bestimmter Impfgruppen mit Blick auf die derzeit noch begrenzt zur Verfügung stehenden Impfstoffe zieht den gesamten Impfprozess der Berechtigten mit höchster und hoher Priorität erheblich in die Länge“, warnte die KV.
Die 1,6 Millionen Menschen in NRW zwischen 70 und 80 Jahren müssen weiterhin auf ein Konzept des NRW-Gesundheitsministeriums warten. Sie kämen an die Reihe, wenn man mit der Impfung der über 80-Jährigen nahezu durch sei, sagte Laumann. Eine Sprecherin erklärte später, dass dies spätestens im Mai der Fall sei. Der Minister musste einräumen, dass es für die angekündigte Impfung der zwei Kontaktpersonen von Schwangeren derzeit noch kein Konzept gebe. Man arbeite aber daran.
Angesprochen auf eine Freigabe des Impfstoffs für alle Menschen reagierte er ablehnend: „Ein Angebot für die gesamte nordrhein-westfälische Bevölkerung würde ich ja gerne machen, aber dafür fehlt uns einfach die Menge.“Dagegen zeigte sich die KV Nordrhein offen gegenüber den Vorschlägen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Ziel muss es sein, dass kein Impfstoff liegen bleibt. Daher wäre aus unserer Sicht richtig und wichtig, vor Ort Listen entsprechend berechtigter Impfkandidaten – auch nachrangiger Prioritätsgruppen – aus der Region zu führen“, erklärte der KV-Sprecher. Söder hatte gesagt, es brauche eine schnelle Änderung der Impfverordnung. Aus einer rechtlich fixierten Priorisierung könnte eine „Empfehlung“werden. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen aus Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), und Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne).
Der Chef der Opposition im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty (SPD), verlangte, wenn jetzt neue Impfstoffe auf den Markt kämen, müsse man dieses Mal alles richtig machen. „Das Wichtigste ist: Es muss funktionieren.“