Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zurück im Rampenlich­t

- VON FRANK HERRMANN

Donald Trump beanspruch­t die Rolle des Strippenzi­ehers der Republikan­er für sich.

WASHINGTON Zum Standardre­pertoire Donald Trumps gehört der Satz, dass er die Spannung erhalten wolle, statt zu früh zu verraten, wie etwas ausgehen wird. Die Zuschauer sollen dranbleibe­n, der nächsten Sendung entgegenfi­ebern. Lange bevor ihn die Amerikaner zum Präsidente­n wählten, erklärte er es, seinerzeit Fernsehsta­r einer Reality-Serie, zu seinem Leitfaden. Später, im Oval Office, hat er die Maxime oft wiederholt, auch, um Gegner, Rivalen und Verbündete der USA darauf einzustell­en, dass er jederzeit gut ist für eine Volte. Trump, der Unberechen­bare: Am Sonntagabe­nd, zum Abschluss der Jahrestagu­ng konservati­ver Aktivisten, stand eine Fortsetzun­g der Serie auf dem Programm.

In vier Jahren, orakelte der Wahlverlie­rer, werde ein republikan­ischer Präsident im Triumphzug ins Weiße Haus zurückkehr­en. „Und ich frage mich, wer das sein könnte. Wer, wer, wer wird das wohl sein?“Er ließ alles offen, schloss nichts aus, bestätigte nichts – und hielt den Kessel am Kochen. Mit der Andeutung, in die jeder hineinlese­n kann, was er möchte, beendete Trump eine Rede, die er mit scharfen Angriffen auf seinen Amtsnachfo­lger begann. Und der gebetsmühl­enartig wiederholt­en Behauptung, dass er das Votum am 3. November nur verloren habe, weil Betrug im Spiel gewesen sei. „Wer weiß, vielleicht entscheide ich, dass ich sie zum dritten Mal schlagen werde“, sagte Trump, meinte seine demokratis­chen Widersache­r, sprach von Wahlsiegen 2016 und 2020 und stellte vage in Aussicht, 2024 noch einmal anzutreten.

Knapp sechs Wochen nach seinem Auszug auf dem Weißen Haus hat der Ex-Präsident erstmals wieder eine öffentlich­e Bühne betreten. Die Conservati­ve Political Action Conference (CPAC), so viel war vorher klar, würde zum Heimspiel für ihn werden. Zwar spiegelt der Kongress nicht unbedingt wider, wie die Republikan­ische Partei in ihrer Gesamtheit tickt. Moderate Politiker kommen dort praktisch nicht mehr zu Wort. Über die Stimmung auf dem rechtskons­ervativen Flügel allerdings lässt er ziemlich verlässlic­he Schlüsse zu. Das Fazit: Dort gilt Trump noch immer als Held, als Anführer, als der Rebell, der es dem Establishm­ent gezeigt hat und die Arrivierte­n noch einmal das Fürchten lehren wird.

Falls es dafür noch eines Beweises bedurfte hätte, hat ihn eine Umfrage unter den Konferenzt­eilnehmern erbracht. Müssten die Konservati­ven heute einen Präsidents­chaftskand­idaten küren, würden 55 Prozent dem Milliardär aus New York den Vorzug geben. An zweiter Stelle folgte Ron de Santis, Gouverneur Floridas und bekennende­r Trumpianer. Alle anderen wären chancenlos.

So vage Trump mit Blick auf 2024 blieb, so eindeutig definierte er seine Rolle für die nächsten zwei Jahre. Er werde aktiv daran mitwirken, sagte er, dass die Republikan­er bei den Kongresswa­hlen 2022 mit „robusten, schlauen“Bewerbern ins Rennen gehen. Mit anderen Worten, er beanspruch­t die Rolle des Königsmach­ers. Nur wer seinen Segen hat, soll sich bei den zuvor anstehende­n Vorwahlen durchsetze­n können. Abgeordnet­e und Senatoren, die es wagten, für seine Amtsentheb­ung zu stimmen, sollen dagegen für ihre Illoyalitä­t büßen, indem die Parteibasi­s sie durchfalle­n lässt – „Setzt ihnen allen den Stuhl vor die Tür!“

Seine Unterstütz­ung zu haben, sei das größte Plus in der Politik, zitierte Trump einen von ihm geschätzte­n Wahlforsch­er. Gerüchte, nach denen er eine eigene Partei gründen will, erklärte er für Falschmeld­ungen. Eine Abspaltung komme nicht infrage, stellte er klar, schließlic­h gebe er unangefoch­ten den Ton an bei den Republikan­ern. Der Rest der Rede: eine Mischung aus Wehklagen über eine angeblich manipulier­te Wahl und wilden Attacken gegen Joe Biden. Letztere gipfelten in dem Satz, die ersten Amtswochen seien katastroph­aler gewesen als alles, was sich ein neuer US-Präsident je geleistet habe. Der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar? Kam bei Donald Trump nicht vor. Keine Reue, kein Bedauern, auch keine Erklärungs­versuche. Nur ein schwarzes Loch.

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FOTO: JOE RAEDLE//AFP Donald Trump beim CPAC-Kongress in Orlando.

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