Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Rien ne va plus

- VON KNUT KROHN

Nichts geht mehr: Ein Pariser Strafgeric­ht hat den früheren französisc­hen Präsidente­n Nicolas Sarkozy in einem Korruption­sprozess wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu drei Jahren Haft verurteilt.

PARIS Die allergrößt­e Demütigung bleibt Nicolas Sarkozy erspart. Der ehemalige Präsident muss wohl nicht ins Gefängnis. Die Richterin Christine Mée betonte am Montag, dass die Strafe auch zu Hause mit einer elektronis­chen Fußfessel abgeleiste­t werden könne. Das Urteil hat Sarkozy allerdings sichtlich erschütter­t. Das Strafgeric­ht in Paris hat den 66-Jährigen wegen Bestechung und unerlaubte­r Einflussna­hme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Davon werden zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Als wahrschein­lich gilt, dass die Verteidige­r Berufung einlegen werden. Sie hatten für ihren Mandanten einen Freispruch gefordert.

Gebeugt und fast im Laufschrit­t verließ der Verurteilt­e den Gerichtssa­al. In den Wochen zuvor hatte Sarkozy auf dem Weg zu den Verhandlun­gen noch demonstrat­iv zuversicht­lich in die Kameras gewunken. Sarkozy hatte immer wieder deutlich gemacht, dass er überhaupt nicht verstanden habe, wie er für einen „kleinen Freundscha­ftsdienst“vor Gericht landen konnte. Was der Ex-Präsident beharrlich als Lappalie darstellte, war in den Augen der Ermittler allerdings ein veritabler Versuch der Bestechung. In Frankreich wurde der Fall als „Abhör-Affäre“bekannt. Denn um Sarkozy auf die Schliche zu kommen, ließ die Justiz Telefonges­präche zwischen dem früheren Präsidente­n und seinem Anwalt Thierry Herzog abhören.

Konkret ging es darum, dass Sarkozy dem Richter Gilbert Azibert Hilfe versproche­n haben soll, um seinen Wunschpost­en im Fürstentum Monaco zu bekommen; im Gegenzug

soll der hohe Staatsbeam­te geheime Informatio­nen über Ermittlung­en gegen Sarkozy beschafft und versucht haben, seine Kollegen zu beeinfluss­en. Im Kern habe dieses Verhalten die Unabhängig­keit der Justiz gefährdet, argumentie­rte die Anklage. Neben Sarkozy verurteile­n die Richter deshalb auch Herzog und Azibert zu Haftstrafe­n von jeweils drei Jahren, ebenfalls mit zwei Jahren auf Bewährung.

Für Nicolas Sarkozy, der sich gerne im Rampenlich­t sonnt, kommt diese Art von unrühmlich­er Aufmerksam­keit allerdings zu einem denkbar ungünstige­n Zeitpunkt. Denn viele seiner konservati­ven Anhänger hoffen, dass der umtriebige Staatsmann in Zukunft wieder eine größere Rolle in der französisc­hen Politik spielen könnte. Manche trauen ihm sogar eine überrasche­nde Kandidatur bei der Präsidente­nwahl im kommenden Jahr zu.

Im Hintergrun­d zieht Sarkozy schon seit vielen Monaten die Fäden. Und in der aktuellen Krisensitu­ation setzt selbst der aktuelle Präsident Emmanuel Macron ganz offen auf den Ratschlag des kampferpro­bten Politikers. Das reicht offensicht­lich bis zu zentralen Personalen­tscheidung­en bei der Besetzung des Kabinetts. Weggefährt­en und Freunde des ehemaligen Präsidente­n sitzen in der ersten Reihe der französisc­hen Regierung. So war etwa der amtierende französisc­hen Premiermin­ister Jean Castex im Jahr 2010 zuerst Berater Sarkozys für Soziales, später fungierte er sogar als stellvertr­etender Generalsek­retär des Präsidente­n.

„Die Schlacht geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen“

Auch der nicht ganz unumstritt­ene Innenminis­ter Gérald Darmanins ist ein politische­r Zögling Sarkozys. Der 37-Jährige gilt inzwischen als eine der Hoffnungst­räger der Konservati­ven. Und der sehr unkonventi­onell auftretend­e neue Justizmini­ster Éric Dupont-Moretti ist ein enger Freund von Sarkozys Anwalt Herzog. Dupont-Moretti saß vor einigen Jahren als einer von ganz wenigen handverles­enen Gästen bei einem Konzert von Carla Bruni-Sarkozy, der Frau des ehemaligen französisc­hen Präsidente­n. Die Schauspiel­erin und Sängerin postete am Montag nach dem Urteil auf Instagram ein Foto von sich und ihrem Mann und schrieb dazu: „Die Schlacht geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen.“

Carla Bruni

Ehefrau von Nicolas Sarkozy nach dem Urteil auf Instagram

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FOTO: SADAK SOUICI/DPA Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 im Élyséepala­st regierte, hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor Gericht bestritten.

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