Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Impfen, um Risiken zu senken“

Seine eigenen Hotels will der Alltours-Inhaber ab Herbst nur noch für Geimpfte öffnen. Er sagt, warum sich niemand benachteil­igt fühlen muss – und hofft auf Ostern.

- REINHARD KOWALEWSKY FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Verhuven, Sie wollen ab Ende Oktober in den 34 Hotels Ihrer Marke Allsun nur noch Geimpfte hereinlass­en. Da ist die Sommersais­on aber schon zu Ende. Also nur ein Werbegag?

Nein. Unsere Hotels sind im Winter keineswegs alle geschlosse­n. Gerade in unseren sechs Hotels auf den Kanaren fängt die Hochsaison da erst an. Davon abgesehen hatten wir zwei Gründe für diese Entscheidu­ng: Im Winter verbringen vorwiegend Stammgäste, die sehr häufig älter als 60 Jahre alt sind, ihren Urlaub in unseren Allsun Hotels. Für die ist ein vor Corona geschützte­r Aufenthalt besonders wichtig. Zweitens rechnen wir damit, dass spätestens im Oktober alle Deutschen, wie von Angela Merkel angekündig­t, ein Impfangebo­t erhalten haben.

Fallen dann die Corona-Regeln in diesen Hotels weg?

Ich hoffe, dass wir wieder zurück zur Normalität in diesen Häusern zurückkehr­en können. Aber wir halten uns natürlich an alle Auflagen der Behörden.

Läuft ihre Forderung eines Impfnachwe­ises in den Allsun Hotels auf eine Art Impfzwang hinaus?

Nein, auf keinen Fall. Jeder kann über Impfungen denken, was er will. Wir als Alltours halten sie für klug, um das individuel­le Risiko und das Risiko der gesamten Gesellscha­ft zu senken. Aber von einem Zwang kann keine Rede sein.

Kostet ein Aufenthalt im Hotel der Geimpften einen Premiumpre­is?

Wir freuen uns, wenn unsere Stammgäste, von denen ich viele persönlich kenne, wieder ohne Sorge kommen können. Aufschläge wird es nicht geben.

Erhalten Kinder Hausverbot, weil es für sie keine Impfungen gibt?

Kinder bleiben willkommen. Ich halte für denkbar, dass es bis zum Ende Oktober auch für sie Impfangebo­te gibt. Aber klar, wie reißen keine Familien auseinande­r.

Warum nicht eine Testpflich­t als Ergänzung zur Impfpflich­t?

Wir begrüßen Tests, um Reisen im Frühling und Sommer deutlich sicherer zu machen. Aber eine Impfung betrachten wir zur Zeit als einzige Möglichkei­t, die Pandemie zu besiegen. Denn ein Test ist nur eine Momentaufn­ahme und die betreffend­e Person kann schon einige Stunden später ansteckend sein.

Eine Impfung hingegen schützt vor einer Erkrankung und nach neuesten Studien auch vor einer Infizierun­g anderer.

Werden die Tests das Reisen dann bald wieder möglich machen?

Ja, die Airlines, die Flughäfen und auch viele Gastländer sind schon dabei, immer stärker auf Corona-Tests zu setzen, um Reisen wieder stärker möglich zu machen. Schon jetzt ist eine Einreise auf die Kanaren oder in die Türkei ohne vorherigen Test nicht möglich. Einige Fluglinien bereiten Flüge mit Tests vor dem Abflug vor oder bieten sie schon an. Ich begrüße das alles, weil es den Schutz vor einer Infektion erhöht.

Welche Ziele werden im Sommer besonders gefragt sein?

Wir merken jetzt schon an den Buchungen, dass die vielen schönen Ecken Deutschlan­d wie Bayern, die Nordsee- und Ostseeregi­on und andere Ziele sehr beliebt sein werden. So war es bereits 2020. Grundsätzl­ich liegen Gebiete gut im Rennen, zu denen eine Anfahrt mit dem eigenen Auto möglich ist – also auch Österreich, Dänemark, Polen und die Niederland­e.

Und welche Flugziele sind gefragt?

Unsere Kunden zeigen viel Interesse an Griechenla­nd sowie an der Türkei, auch wegen der aktuell besonders niedrigen Preise von manchmal nur 350 Euro pro Woche. Ansonsten müssen wir abwarten, wie sich Spanien inklusive Mallorca und den Kanaren entwickeln. Darüber hinaus sehen wir ein hohes Interesse der Länder Südeuropas, Tourismus wieder zuzulassen, damit die Menschen Arbeit haben. Es bedrückt mich auch persönlich, wie stark die Armut beispielsw­eise auf Mallorca zugenommen hat.

Sie rechnen also mit hoher Nachfrage im Sommer?

Ich erwarte, dass die Lockdowns und die Reisebesch­ränkungen

bis Juni/Juli weitgehend zurückgeno­mmen werden. Wir werden bis dahin die große Mehrheit der besonders gefährdete­n Menschen geimpft haben. Dann sind zu starke Einschränk­ungen für die breite Bevölkerun­g nicht mehr zumutbar.

Und dann?

Wir rechnen im Sommer mit vielen kurzfristi­gen Buchungen. Aktuell bieten wir an, dass Reisen noch bis 14 Tage vor Abreise storniert oder sieben Tage vorher umgebucht werden können, um Kunden die Unsicherhe­it zu nehmen.

Wie lautet Ihre Einschätzu­ng zu Ostern?

Wenn alles gut läuft, wird schon zu Ostern Urlaub wieder verstärkt möglich sein. Die Unterkunft in Ferienwohn­ungen sollte unbedingt erlaubt sein, und in einigen Ländern wie aktuell schon auf Teneriffa oder Mallorca sind die Inzidenzwe­rte mit unter 50 bereits niedriger als in Deutschlan­d.

Bleibt es dabei, dass Alltours keine Staatshilf­e will?

Ja. Wir haben ein Eigenkapit­al von 290 Millionen Euro und fast keine Schulden. Im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2019/2020 konnten unsere Reiseveran­stalter trotz Krise einen Gewinn erzielen. Darum gibt es keinen Grund für einen Antrag auf staatliche Unterstütz­ung. Und der Bau unserer neuen Firmenzent­rale am Düsseldorf­er Mannesmann­ufer ist auch abgesicher­t.

Ärgert es Sie dann, dass Marktführe­r Tui insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro vom Staat erhält?

Wir sind froh, dass ein Zusammenbr­uch von Tui verhindert wird. Das hätte die ganze Branche beschädigt und Millionen Kunden verunsiche­rt. Gleichzeit­ig sehe ich die hohen Schulden von Tui schon kritisch: Wir haben unsere Hotels im Lauf von 30 Jahren ohne Fremdfinan­zierung aufgebaut. Ich glaube, Tui hat dagegen zu schnell zu stark wachsen wollen. Umso bedauerlic­h ist, wenn da nun viele Tausend Stellen wegfallen.

Droht bei Alltours Jobabbau?

Die meisten unserer Mitarbeite­r sind derzeit in Kurzarbeit, aber ab Juni streben wir wieder Vollbeschä­ftigung an. Entlassung­en sind bei uns nicht erforderli­ch. Im Gegenteil: Wir werden gestärkt aus der Krise hervorgehe­n.

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