Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Hoffen auf den kontrollierten Neuanfang
Theater im Fluss denkt an einen Musiktheater-Rundgang entlang Haydn-, Mozart- und Brahmsstraße.
KLEVE Harald Kleinecke, Leiter des Theater im Fluss, widmet sich mit bewundernswerter Energie und Herzblut allem, was derzeit sein muss – und vor allem dem, was hoffentlich bald wiederkommen darf. „Das liebevolle Lächeln“bewahren nennt er die derzeitige Möglichkeit, mit den Auflagen umzugehen. Momentan muss vieles ruhen: Wie alle könnten auch sie nur machen, was sie dürfen, so Kleinecke. Und das ist immer noch vieles: Das Team nutzt die Zeit zum Aufarbeiten, es gibt kein „Ausruhen“auf öffentlichen Geldern, die Planung kreist um weitere Renovierungsarbeiten, Mitarbeiter bringen „Kunstwundertüten“im Quartier rund und bleiben mit den Kindern und Jugendlichen auf Entfernung in Kontakt.
Die Älteren treffen sich per Videokonferenz, um Texte zu lernen, man kann immerhin Übungen gemeinsam durchführen – aber das ersetzt das Zusammensein nicht. So gilt: Der Enthusiasmus, bald wieder „loslegen“zu können, ist riesig. Man spürt im Gespräch einen Drang, eine Art angepasste Vorfreude, die unter allem glimmt, um die Formate des Theater im Fluss wieder mit Leben zu füllen und ganz nah zu erleben, wofür alle daran Beteiligten brennen.
Wie soll es los- und weitergehen? „Wir wollen etwa den Aufführungsstau abarbeiten“, sagt Kleinecke. Vergangenes Jahr musste eine Kinder- und Jugendgruppe gleich zwei Mal eine Premiere ausfallen lassen. „Die Wichtigkeit von kulturellen Aufführungen muss man im Blick behalten, das gemeinsame ‚Über-sich-hinaus-Wachsen‘ in einem Endprodukt – das fehlt.“Die prozesshafte Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, die Lebendigkeit, das Sich-Ausdrücken- und auch mal „Verrückt“-spielen-Dürfen, die Regeln beiseite schieben, das soll wieder beginnen. Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die einen dringenden Bedarf an dieser Art Angebot haben, und der ist in der vergangenen Zeit sogar noch gewachsen. Im vergangenen Jahr merkte man dies deutlich an den Ferienangeboten,
die einen unglaublichen Zustrom erlebten.
Dazu betont Kleinecke zu Recht, dass er die Entwicklungen genau verfolge und die Hygienekonzepte in der Kultur durchdacht, von öffentlicher Stelle abgesegnet und nachgewiesen wirkungsvoll seien. Auch mit einem zu 30 Prozent besetzten Theater wieder öffnen zu können, wäre also absolut wünschenswert. Zudem sind tolle Projekte in Planung: Zum Beispiel Experimente mit Formaten unter freiem Himmel, vielleicht ein „Sommernachtstraum“,
ein „Theaterspaziergang“oder – spartenübergreifend spannend – ein „Musiktheaterspaziergang“.
Eine soeben beschiedene Förderung „Neustart Kultur“dafür durch den Fonds Darstellende Künste bietet Unterstützung. So könnten an der Brahms-, Mozart-, Wagner-, Haydn-Straße kleine Aufführungspunkte von Szenen sein, die man „ab-spaziert“, „und vielleicht kann man eine Straße ja auch mal kurz in Clara-Schumann-Straße umbenennen“, sagt Kleinecke augenzwinkernd, die Komponistenfrauen kämen sonst ja zu kurz. Auch die Projekte an Schulen werden sobald möglich wieder aufgenommen. Der Theater-Leiter bedauert sehr, dass bereits vergangenes und auch dieses Jahr die Präventionswochen für Neuntklässler nicht stattfinden.
Die Haushaltsplanung mag en detail schwierig sein – momentan ist es einfach nicht gut absehbar, wie genau man auf drei Jahre planen soll – aber die Hoffnung ist groß, dass es bald einen kontrollierten Neubeginn der Kultur gibt.