Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Sommers Absturz in seiner Parade-Statistik

- VON JANNIK SORGATZ

Borussias Torwart vereitelt deutlich weniger Treffer als in den vergangene­n Jahren und deutlich weniger, als er einer bestimmten Wertung zufolge sollte.

Es sind vier Buchstaben, die Yann Sommer in dieser Saison wenig schmeichel­n: PSxG. Leicht genervt dürften sich viele die Frage stellen: Was hat es damit schon wieder auf sich? Aber es lohnt sich ein genauerer Blick auf die Statistik, in der Borussias Torwart vom ersten Platz in der Saison 2018/19 und dem zweiten in der Saison 2019/20 auf den drittletzt­en abgestürzt ist.

PSxG steht für „Post-Shot Expected Goals”. Mit den „Expected Goals“(xG) werden Fußball-Fans im Fernsehen und in den Lese-Medien seit einigen Jahren immer häufiger konfrontie­rt. Übersetzen lassen sie sich am einfachste­n mit „zu erwartende Tore“, sie geben die Erfolgswah­rscheinlic­hkeit

eines Torabschlu­sses an. Sommer hat sich in den vergangene­n beiden Spielzeite­n dadurch ausgezeich­net, dass Borussia mit ihm weniger Tore kassierte, als zu erwarten gewesen wären. Die „PostShot Expected Goals“, eine Unterkateg­orie, sind etwas nützlicher, um die Leistungen eines Torwarts zu bewerten, weil nur jene Abschlüsse in die Wertung eingehen, die aufs Tor gingen. Banal gesagt: Ein Schuss neben oder über den Kasten wäre schließlic­h auch ohne Keeper nicht drin gewesen.

Mit Sommer im Tor hat Borussia 2018/19 in 90 Minuten jeweils 0,29 Tore weniger kassiert, als durchschni­ttlich zu erwarten gewesen wären. Platz zwei teilten sich Koen Casteels vom VfL Wolfsburg und Peter

Gulacsi von RB Leipzig (je 0,19). 2019/20 unterbot Sommer den PSxG-Wert pro Spiel um 0,13, was nur Bayer Leverkusen­s Keeper Lukas Hradecky (0,14) toppte. In dieser Saison liegt Sommer bei 0,27 – allerdings ist der Wert nicht mehr grün, sondern rot und hat ein Minus davor. Bedeutet: Pro Spiel lässt er 0,27 Bälle mehr passieren, als laut Statistik zu erwarten gewesen wäre.

Von den Stammtorhü­tern der Liga haben nur Roman Bürki (-0,33), inzwischen degradiert bei Borussia Dortmund, und Ralf Fährmann (-0,42), der auf Schalke hinter der durchlässi­gsten Abwehr der Liga steht, noch einen schwächere­n PSxG-Wert. Was das über die tatsächlic­hen Leistungen aussagt? Hier gilt es zu differenzi­eren. Ein Beispiel:

Yussuf Poulsens Schuss zum 2:2 für Leipzig am Samstag hatte einen xGWert von 0,02. Aus 23 Metern zog der Däne ab, der Ball setzte auf und ging mit Unterstütz­ung des Innenpfost­ens rein. Ein perfekter Schuss oder ein wenig zu langsam abgetaucht? Da dürften die Meinungen selbst unter Torwart-Fachleuten auseinande­r gehen.

Genauso war Sommer beim 2:3 kein direkter Vorwurf zu machen. Im Vorlauf stand Christoph Kramer zu viel tief im eigenen Strafraum, sodass Emil Forsberg auf links Christophe­r Nkunku freispiele­n konnte. In der Mitte agierte Valentino Lazaro dann zu passiv gegen Alexander Sörlöth. Und Sommer? Sah die Chip-Flanke durch den Fünfmeterr­aum segeln, machte ein paar

Schritte auf der Torlinie und setzte bei Sörloths Kopfball zu einem halbherzig­en Sprung an. Was die PSxG-Statistik dagegen außen vor lässt, sind seine Grätsche und sein Hechtsprun­g in der ersten Hälfte, die gute Chancen im Keim erstickten. Unterm Strich standen jedoch drei Gegentore bei weniger als zwei zu erwartende­n. In fünf von sechs Rückrunden­spielen lagen Sommer und Borussia kräftig im Minus, selbst beim einzigen Sieg gegen Dortmund.

Das Duell der beiden Keeper im roten Bereich, Sommer und Bürki, wird es am Dienstag im Pokal-Viertelfin­ale allerdings nicht geben: Bei Gladbach darf Tobias Sippel im Pokal ins Tor, beim BVB ist Bürki von Marwin Hitz abgelöst worden.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Yann Sommers Sprung in Leipzig nutzte nicht.

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