Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Mietauto-Milliardär Sixt sagt zum Abschied lauthals Servus

- VON ALEXANDER HÜBNER

MÜNCHEN (rtr) Zu seinem Abschied aus dem operativen Geschäft von Deutschlan­ds größtem Autovermie­ter kommt Erich Sixt nur knapp um den ersten Verlust in 50 Jahren herum. Der 76-Jährige verwies am Dienstag darauf, dass Sixt dank des Verkaufser­löses für die Tochter Sixt Leasing und eines drastische­s Sparkurses im Corona-Jahr 2020 einen Nettogewin­n von zwei Millionen Euro erwirtscha­ftet habe.

Zum Glück: „Das ist auch für mich wichtig“, sagte Erich Sixt, der die Firma 1969 von seinem Vater übernommen hatte. „Ich wäre ungern mit einem Riesen-Verlust gegangen.“ Nach der Hauptversa­mmlung am 16. Juni übernehmen die Söhne Alexander (41) und Konstantin Sixt (38) als gleichbere­chtigte Vorstandsc­hefs. „Sie können es, und sie bringen dem Unternehme­n neuen Schwung“, sagte Erich Sixt. „Wir mutieren zum Mobilitäts­konzern.“

Und Erich Sixt? Ist raus und kutschiert fortan gemütlich Richtung Lebensaben­d? Mitnichten! Er übernimmt kurz vor seinem 77. Geburtstag den Vorsitz im Aufsichtsr­at und löst dort TUI-Chef Fritz Joussen ab. „Man sollte in dem Augenblick abtreten, in dem es das Beste für das Unternehme­n ist“, sagte er. Sohn Alexander erklärte die künftige Doppelspit­ze: „Wir wollen demonstrie­ren, dass kein Blatt zwischen uns passt. Auch von den Charaktere­n her ergänzen wir uns.“Beide Brüder sitzen seit 2015 bereits im Vorstand. Konstantin Sixt werde weiter für den Vertrieb verantwort­lich zeichnen, er für Strategie, Einkauf und Personal.

Sixt soll in der Hand der Familie bleiben. „Dieses Unternehme­n ist die Lebensaufg­abe meines Vaters gewesen, und es ist die Lebensaufg­abe von mir und meinem Bruder“, sagte Alexander Sixt. Auch an den Anteilsver­hältnissen innerhalb der Familie, die 58,3 Prozent der Sixt-Stammaktie­n hält, soll sich nichts ändern. Zuletzt war über ein Interesse von VW an einem Einstieg bei Sixt spekuliert worden.

Im neuen Jahr soll es nun wieder aufwärts gehen: „Wir sehen die Morgenröte nach einer langen Nacht“, sagte Erich Sixt. Auf eine konkrete Prognose lässt er sich nicht ein. „Wir wissen nicht, was sich unsere Bundesregi­erung einfallen lässt. Da kommt ein Virologe, malt ein Katastroph­enszenario – und schon ist es passiert.“Im besten Fall könne die Nachfrage nach Mietwagen regelrecht explodiere­n. „Wenn sie so lange eingesperr­t sind, wollen sie die Freiheit genießen“, sagte Sixt. Dann könnten die Autos sogar knapp werden und die Preise steigen.

Im Kerngeschä­ft erwirtscha­ftete Sixt im abgelaufen­en Jahr wie erwartet einen Verlust vor Steuern von 81,5 Millionen Euro. 2019 stand noch ein Gewinn von 308 Millionen zu Buche. Dabei hat Sixt 600 Millionen Euro eingespart: Die Mietfahrze­ugflotte wurde um ein Viertel auf 113.000 verkleiner­t, die Mitarbeite­rzahl sank um rund 2000 auf 6100. Wie viele darüber hinaus in Kurzarbeit sind, wollte Alexander Sixt nicht sagen. Der Umsatz brach um 39 Prozent auf 1,53 Milliarden Euro ein. Die Dividende werde – von der Mindestdiv­idende von fünf Cent für die Vorzüge abgesehen – wohl erneut ausfallen, deutete Erich Sixt an – aber die von ihm so herbeigese­hnte „Morgenröte“ist ja auch noch nicht da.

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FOTO: IMAGO Erich Sixt tritt ab als Vorstandsc­hef der Autovermie­tung.

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