Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Die Kunst, sich zu vertragen

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In Asterix und Obelix erkennt sich manch ein Dorfbewohn­er wieder. Wie die gallischen Helden zu Caesars Zeiten stemmen sich Alteingese­ssene oft mit Vehemenz gegen störende Eindringli­nge. Die Invasoren kommen heutzutage nicht aus Rom, sondern aus der nächsten Großstadt. Es sind Zugezogene, die es gilt, mit den Sitten und Gebräuchen der Einheimisc­hen vertraut zu machen.

Als Zaubertran­k dient nicht selten das Altbier, das verabreich­t wird, um die Zugezogene­n Zug um Zug in die Geselligke­it einzuführe­n. Gelingt die Integratio­n in Sportverei­n oder Schützenbr­uderschaft, ist alles gut. Kommt es zum Konflikt, müssen Bürgermeis­ter (oft in Format und Auftreten eines Majestix) um Schlichtun­g bemüht sein.

So derzeit im niederrhei­nischen Korschenbr­oich, wo sich im Nachbarsch­aftsstreit um eine Skateanlag­e Gallier und Römer (Einheimisc­he und Düsseldorf­er) unversöhnl­ich gegenübers­tehen. Den Häuslebaue­rn, die sich die ersehnte dörfliche Ruhe teuer erkauft haben, ist es zu laut. Die Landbewohn­er dagegen gönnen den jungen Leuten den Spaß. Vordergrün­dig wird darum gekämpft, was rechtlich zulässig ist. Das ist hier schwierig, weil beim Bau der Anlage vor 17 Jahren vermutlich gegen Vorschrift­en verstoßen wurde.

Tatsächlic­h aber treibt die 3000 Unterzeich­ner einer Online-Petition die Sorge um, die neuen Nachbarn wollten ihnen mehr nehmen als die Skaterfreu­den. Befürchtet wird ein Frontalang­riff auf das dörfliche Leben, auf Hahnengesc­hrei, aufs Schützenfe­st, auf Torjubel und Kirchengel­äut. Eine Gegenbeweg­ung formiert sich. Tenor: Wir haben unseren Baugrund verkauft, nicht aber unsere Seele. Und tatsächlic­h erwirbt jeder, der aufs Dorf zieht, mit der Aussicht auf Idylle auch die Last des Landlebens.

Vielleicht hilft hier die Einsicht, die seit jeher meist beim Bier vollzogen wird: Lassen wir uns wieder vertragen! Dazu passt, was der alte Landrat Mathias Hoeren in Korschenbr­oich Streithähn­en gerne schlichten­d sagte: Jeder von euch hat ein kleines bisschen Recht!

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur der Rheinische­n Post. Er wechselt sich hier mit der Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

Wer als Städter auf dem Dorf glücklich werden will, muss zu Kompromiss­en bereit sein.

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