Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Weniger Unfälle – aber mehr Todesopfer

- VON LUDWIG KRAUSE

Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkung­en auf die Verkehrsun­fallstatis­tik 2020: Durch weniger Verkehr auf den Straßen ist auch die Zahl der Unfälle gesunken. Entgegen dem Landestren­d steigt die Zahl der Todesopfer aber an.

KREIS KLEVE 15 tödliche Unfälle hat es im vergangene­n Jahr auf den Straßen des Kreises Kleve gegeben. 17 Menschen ließen dabei ihr Leben. Das sind zwei mehr als noch im Jahr 2019. Jeder einzelne Fall ist tragisch – für Opfer, Angehörige und auch für die Verursache­r, wie Georg Bartel, Abteilungs­leiter Polizei im Kreis Kleve, sagte. „Bei einem Menschen der bei einem Unfall sein Leben verliert, sind bis zu 100 weitere Personen betroffen“, sagte Bartel.

Die Kreispoliz­ei hat am Mittwoch die Verkehrsun­fallbilanz für das Jahr 2020 vorgestell­t. Es ist ein Bericht mit Licht und Schatten. Während im Land NRW die niedrigste Zahl von Verkehrsto­ten seit Beginn der Aufzeichnu­ngen gemeldet wurden, ist sie bei uns gestiegen. Zehn der 15 Verkehrsun­fälle mit tödlichem Ausgang ereigneten sich auf Straßen außerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n, wo die Geschwindi­gkeiten entspreche­nd hoch sind. Unter den 17 Verkehrsto­ten befanden sich drei Motorradfa­hrer,

ein Fahrrad- und ein Pedelecfah­rer.

Ein Fall ist den Beamten der Kreispoliz­ei besonders in Erinnerung geblieben, wie Achim Jaspers vom Verkehrsde­zernat sagt. Eine 32-Jährige war am Nachmittag des 12. Oktober auf der Reeser Straße (L7) in Emmerich kurz vor dem Ortseingan­g Vrasselt mit ihrem Opel Corsa in den Gegenverke­hr gekommen und dort frontal mit einem Krankentra­nsporter zusammenge­stoßen. Bis heute ist ungeklärt, warum die Frau in den Gegenverke­hr geriet.

Im Auto befanden sich neben ihr drei Kinder – ein sechs Monate alter Säugling und die zwei Töchter, drei und sechs Jahre alt. Trotz Reanimatio­nsversuche­n starb der halbjährig­e Junge noch am Unfallort. Die Fahrerin und die beiden anderen Kleinkinde­r erlitten schwerste und lebensbedr­ohliche Verletzung­en. Der tragische Verkehrsun­fall hat für die junge Familie weitreiche­nde Konsequenz­en, wie Jaspers sagt: Die junge Mutter und ihre mittlerwei­le vierjährig­e Tochter lägen demnach immer noch – sechs Monate nach dem Unfall – in einer Bochumer Spezialkli­nik.

Auch die Corona-Pandemie hatte im vergangene­n Jahr Einfluss auf die Verkehrsun­fallstatis­tik, wie Landrätin Silke Gorißen erklärte. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus waren auch auf den Straßen zu spürbar: Deutlich weniger Verkehr führte zu einem Rückgang der Verkehrsun­fälle insgesamt von über zwölf Prozent im Vergleich zum Jahr 2019. Die Zahl sank von 9047 im Vorjahr auf 7897 im Jahr 2020.

Die meisten Unfälle geschehen beim Abbiegen oder weil Vorfahrten missachtet worden sind, sagt Achim Jaspers. Auch zu hohe Geschwindi­gkeiten und Ablenkunge­n, etwa durchs Smartphone, spielen eine Rolle.

Die Corona-Pandemie mache sich aber auch im Verhalten der Menschen bemerkbar, wie Achim Jaspers sagte. Das merke man zum einen bei der Beschwerde­stelle der Polizei, zum anderen berichten aber auch vereinzelt Kollegen, die auf der Straße

im Einsatz seien, von einer „kürzeren Zündschnur“der Menschen. Und auch die Geschwindi­gkeit der Verkehrste­ilnehmer sei auf den leereren Straßen tendenziel­l eher höher als niedriger.

Die Zahl der Unfälle mit Personensc­haden blieb mit 1018 (2010) im Vergleich zu 1012 (2019) praktisch gleich. Die Verletzung­sgefahr bleibt damit im Landesschn­itt aber hoch. An rund 30 Prozent der Unfälle sind Fahrrad- oder Pedelecfah­rer beteiligt. Insgesamt gab es mit 257 wieder mehr Unfälle mit Schwerletz­ten, 2019 waren es noch 14 weniger.

Die Verunglück­tenzahlen sind insgesamt, ebenso wie die Gesamtanza­hl der Unfälle, zurückgega­ngen. Die Anzahl der verunglück­ten Kinder stellt mit 98 den niedrigste­n Wert seit Einführung des Kreis Klever Unfallstat­istik dar – 58 davon nahmen als Fußgänger oder Rafdahrer aktiv am Straßenver­kehr teil. Die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen ist neben der Gruppe der Jugendlich­en (15 bis 17 Jahre) besonders auffällig. Hier liegt die Verunglück­tenhäufigu­ngszahl deutlich höher als bei anderen Gruppen. Die weiterhin wachsende Mobilität älterer Menschen und als Nutzer von Kraftfahrz­eugen, Fahrrädern und immer mehr auch Pedelecs bedeutet zwangläufi­g ein höheres Risiko, an einem Verkehrsun­fall beteiligt zu sein. Nach wie vor sind sie bei Verkehrsun­fällen aber nicht überrepräs­entiert. Die Zahl der verunglück­ten Senioren stieg von 210 auf 230, fünf Verkehrste­ilnehmer im Alter von 65 oder höher ließen im Straßenver­kehr ihr Leben.

Verkehrste­ilnehmer auf zwei Rädern sollen im kommenden Jahr einen Schwerpunk­t bilden: So plant die Kreispoliz­ei zur Bekämpfung von Unfällen mit Motorradfa­hrern Maßnahmen wie Schwerpunk­teinsätze – aber auch präventive Aktionen wie zum Beispiel Motorradau­sfahrten oder die Begleitung der Motorradwa­llfahrt in Kevelaer. Die Zahl der verunglück­ten Radfahrend­en ist um fast 15 Prozent gestiegen – vor allem weil sich die Zahl der verunglück­ten Pedelecs von 65 auf 133 mehr als verdoppelt hat.

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