Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Note 2,6 für die Innenstadt
Das Marktforschungsinstitut IFH hat Kunden in der City nach ihrer Meinung befragt. Kritisiert wurde das Freizeitund Kulturprogramm.
Das Marktforschungsinstitut IFH hat Kunden in der Innenstadt nach ihrer Meinung befragt. Deutlich kritisiert wurde das Freizeit- und Kulturprogramm. Der Wirtschaftsförderer spricht von einem „verzerrten Bild“wegen Corona.
GELDERN Was macht eine Innenstadt attraktiv? Wie ist das Flair? Wie das Einzelhandelsangebot? Diesen und weiteren Fragen ist das Institut für Handelsforschung (IFH) aus Köln nun schon zum vierten Mal nachgegangen. 107 Städte in ganz Deutschland haben sich an der Untersuchung „Vitale Innenstädte 2020“beteiligt, darunter zum ersten Mal auch die Stadt Geldern.
Im Auftrag der Wirtschaftsförderung wurden an zwei Tagen im September (Donnerstag und Samstag) insgesamt rund 400 Passanten in der Innenstadt befragt. Gekostet hat die Studie knapp 6700 Euro. Mit dem Ergebnis ist Wirtschaftsförderer Lucas van Stephoudt zufrieden. Insgesamt landet die Stadt im Mittelfeld mit der Note 2,6. Andere Städte mit einer ähnlichen Größe liegen im Schnitt bei 2,5.
Was sind die Hauptergebnisse? In keiner Kategorie hat die Stadt Geldern schlechter abgeschnitten als mit der Note 3. Die Umfrage zeigt, dass in der Innenstadt vor allem Einheimische einkaufen gehen. Auffällig ist, dass keine Niederländer an der Befragung teilgenommen haben. Wirtschaftsförderer Lucas van Stephoudt kann sich diesen Umstand nur mit der Corona-Pandemie erklären. Aufgrund der geltenden Reisebeschränkungen dürfte das Stadtbild „etwas verzerrt“gewesen sein. Normalerweise kämen viele Nachbarn zum Shoppen über die Grenze. Gelobt wird in der Befragung außerdem die gute Erreichbarkeit mit Auto, Motorrad und Fahrrad, die gute Wegeführung sowie das Gastronomie-, Einzelhandelsund Dienstleistungsangebot. „Mittelmäßig“sei dagegen die Parkplatzsituation. Die Mehrheit der Kunden besucht bei einem Bummel zwei Geschäfte und hält sich ein bis zwei Stunden in der Innenstadt auf. Das Durchschnittsalter beträgt 49,3 Jahre, was mit anderen Städten in der Größenordnung vergleichbar ist.
Was ist positiv? Lob gibt es für die Gastronomie – und das trotz der Beschränkungen. „Die Gastronomie ist ein wichtiger Anker, wenn es um die Gesamtattraktivität geht“, ist van Stephoudt überzeugt, „insbesondere, wenn es um die Aufenthaltsqualität geht.“Gut bis sehr gut sei auch das Dienstleistungs- und Einzelhandelsangebot. „Komischerweise haben wir beim Thema Uhren/ Schmuck nicht so gut abgeschnitten, dabei gibt es in der Innenstadt allein sieben Geschäfte, darunter auch Goldschmiede und Juweliere“, ergänzt Janine Segref, ebenfalls von der Gelderner Wirtschaftsförderung.
Was sind die Kritikpunkte? Beim Gesamteindruck lässt Geldern zu wünschen übrig. Ambiente und Atmosphäre werden lediglich mit einer 3 bewertet. „Die Ergebnisse muss man in Relation sehen“, sagt van Stephoudt. Als die Befragung durchgeführt wurde, habe es in der Innenstadt mehrere Baustellen gegeben. Betroffen gewesen seien die Bahnhofstraße, das Kapuziner-Karree und die Glockengasse. „Ich bin mir sicher, dass das bei der Bewertung mit reingespielt hat.“Keine Erklärung hat er für das schlechte Abschneiden beim Freizeit- und Kulturprogramm und beim Sightseeing. Kaum einer der Befragten wollte darin einen Grund sehen, in die Innenstadt zu kommen. „Das verstehe ich nicht“, sagt van Stephoudt. „Wir haben fast 700 Veranstaltungen im Jahr, nicht alle in der Innenstadt, aber selbst unter der Woche gibt es genügend Angebote.“
Welche Schlüsse zieht die Wirtschaftsförderung? In keinem Bereich ist Geldern Spitzenklasse. Trotzdem ist Wirtschaftsförderer Lucas van Stephoudt zufrieden. „Ich habe allerdings die berechtigte Hoffnung, dass, sollten wir uns in zwei Jahren erneut an der Studie beteiligen, die Ergebnisse deutlich besser ausfallen werden.“Davon ist auch Kollegin Janine Segref überzeugt. „Wenn die Baustellen verschwunden sind, steigt die Attraktivität und damit auch die Verweildauer, sodass sich schnell ein besseres Bild ergibt. Auch der neue Edeka-Markt am Kapuzinertor dürfte die Attraktivität noch einmal steigern.“Punkten kann Geldern auch beim Thema Fahrradfreundlichkeit. Weniger gut fällt das Ergebnis beim Öffentlichen Personennahverkehr aus. Hier zeige sich, dass man im ländlichen Raum liege, so van Stephoudt. „Der Geldersche“sei dennoch eine gute Ergänzung. Die Studie zeigt aber auch, dass das Online-Shopping das Einkaufsverhalten maßgeblich verändert hat. In der Beziehung sei Geldern eher konservativ eingestellt. Nur 9,5 Prozent der Befragten kaufen verstärkt online ein. Andererseits gaben nur 19,6 Prozent der Teilnehmer an, bewusst mehr in der Innenstadt einzukaufen, um die lokalen Anbieter zu stärken. In vergleichbaren Städten waren es im Schnitt 43,4 Prozent. Was den Gelderner Wirtschaftsförderer wirklich überrascht hat, war das Thema verkaufsoffene Sonntage. Hier sprachen sich mehr als Zweidrittel deutlich gegen eine häufigere Öffnung aus. „Dabei hatten wir den Eindruck, dass unser letzter verkaufsoffener Sonntag im Oktober sowohl von den Besuchern als auch von den Händlern sehr gut angenommen wurde. Jetzt müssen wir nachforschen, woran es gelegen hat“, so van Stephoudt.