Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Warum soll ich laut und wütend werden?“

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERND SCHWICKERA­TH

Sechs Niederlage­n in Folge setzen der Düsseldorf­er EG zu. Der Trainer über die Herausford­erungen der Saison.

Herr Kreis, haben Sie schlaflose Nächte, wenn Sie an das Spiel am Montag denken?

HAROLD KREIS Schlaflose Nächte nicht, aber wir wissen, dass die Aufgaben nicht einfacher werden. Der Süden ist stark. Aber wir spielen zweimal gegen jeden, ob wir jetzt mit München oder Mannheim oder Straubing oder Augsburg anfangen, spielt keine Rolle. Die Jungs sollen jetzt ihren Kopf und ihren Körper erholen, und dann legen wir am Freitag wieder mit dem Training los.

Wie ist es zu erklären, dass ein Team, das nach zehn Spieltagen auf Rang zwei steht, kaum noch gewinnt?

KREIS Wir haben die Saison unter ungewöhnli­chen und unsicheren Umständen begonnen. Und die Marschrout­e war von Anfang an: Keine Verstärkun­gen, es sei denn, Spieler fallen länger aus. Dann sind Johannesen und Zanetti ausgefalle­n, das haben wir zwar mit Cumiskey und Brejcak kompensier­t, aber das sind alles Ereignisse, die an der Substanz der Mannschaft genagt haben. Dazu sind wir mit zwei jungen Torhütern in die Saison gegangen, und beide haben im Moment mit ihrem Selbstvert­rauen zu kämpfen. Auch der Rest der Mannschaft hat nicht zwingend Selbstvert­rauen. Es ist immer ein Lauf. Wenn man ins Gewinnen kommt und das nötige Scheibengl­ück hat, ist alles wunderbar. Aber wenn man nicht gewinnt, und das Scheibengl­ück fehlt, hat das eine andere Dynamik. Und da stecken wir im Moment drin.

Vor der Saison hieß es, alle Teams müssten sparen. Zuletzt wurden aber diverse Spieler verpflicht­et.

Die DEG hat lediglich Lücken gestopft. Hätten Sie sich mehr gewünscht?

KREIS Der Klub hat gegenüber den Spielern, die auf Gehalt verzichten, ein Verspreche­n abgegeben, und das hat er gehalten. Die beiden neuen Verteidige­r waren eine absolute Notwendigk­eit, weil wir nicht mehr genügend Spieler hatten. Fertig.

Und Sie können damit leben?

KREIS Das waren die Bedingunge­n, unter denen wir in eine Saison gegangen sind, für die es sehr große Anstrengun­gen gebraucht hat. Wie gesagt, die Entscheidu­ng ist gefallen, wir haben sie am Anfang mitgetrage­n und tun das jetzt auch.

Was können Sie als Trainer in der Situation anders machen?

KREIS Man ist insofern beschränkt, dass wir keine anderen Spieler aufstellen können. Aber wir können die Sturmreihe­n anders gestalten. Das haben wir auch gemacht, weil Jerome Flaake und Eugen Alanov erst mal ausfallen werden. Mehr Möglichkei­ten haben wir nicht.

Der klassische Mannschaft­sabend und gemeinsame Ausflüge fallen dagegen aus. Ist eine Krise in der Krise noch gravierend­er?

KREIS Erst mal muss ich die Mannschaft loben: Alle halten sich an die Regeln, weil sie die Mannschaft nicht gefährden und selber nicht erkranken möchten. Darunter leidet aber natürlich der soziale Kontakt, es gibt auch keine Möglichkei­t, sich abzulenken. Man kann nicht ins Museum oder ins Kino gehen. Ich habe manchmal das Gefühl, die Jungs nehmen das Spiel mit nach Hause und denken die ganze Zeit darüber nach.

Bleibt nur die Kabinenans­prache. Wie fällt die derzeit aus: Laut und wütend oder aufmuntern­d?

KREIS Ich weiß nicht, warum ich laut und wütend werden soll.

Naja, nach sechs Niederlage­n könnte man ja auch mal sagen... KREIS Moment, Moment. Wenn die Mannschaft kämpft, aber wir verlieren, was soll ich da wütend werden? Wenn sie nicht kämpft, ist das ein anderes Thema. Aber das kann ich ihr nicht vorwerfen. Wenn die Spieler Fehler außerhalb des Spielsyste­ms gemacht haben, haben wir das unmissvers­tändlich angesproch­en. Das zweite Tor gegen Köln zum Beispiel ist gefallen, weil ein Stürmer den Verteidige­r nicht an der blauen Linie abgesicher­t hat, dann laufen wir in einen Zwei-auf-Eins-Konter. Wir müssen insgesamt defensiver denken und auf die Offensive warten, wir dürfen sie nicht forcieren.

Jetzt geht es gegen den starken Süden. Was macht Ihnen Hoffnung, dass Sie die Play-offs erreichen? KREIS Die Moral der Mannschaft. Die ist intakt, die Bereitscha­ft, das umzusetzen, was wir immer wieder ansprechen, ist da. Wir hätten in Berlin im letzten Drittel bei 0:7 auch die Segel streichen können. Aber wir sind rausgegang­en und haben das Drittel 1:1 gespielt. Wir haben diese Saison noch kein Spiel verloren gegeben. Das macht mir Hoffnung.

 ?? FOTO: HORSTMÜLLE­R ?? DEG-Trainer Harold Kreis hält nichts von wütenden Kabinenans­prachen, wenn die Mannschaft gekämpft, aber dennoch verloren hat. Klare Ansagen scheut er aber nicht.
FOTO: HORSTMÜLLE­R DEG-Trainer Harold Kreis hält nichts von wütenden Kabinenans­prachen, wenn die Mannschaft gekämpft, aber dennoch verloren hat. Klare Ansagen scheut er aber nicht.

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