Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

An der See ist es gefährlich

- VON MARTIN SCHWICKERT

In der neuen Episode von „Nord Nord Mord“wird malerisch geheiratet und getötet.

Schaut man sich die Krimi-Landschaft des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks einmal auf der Karte an, so zieht sich ein breiter Gürtel des Verbrechen­s von der ostfriesis­chen Küste über das nördliche Schleswig-Holstein an der Ostsee entlang bis nach Usedom. Vergesst Berlin-Neukölln und seine Clans: Die eigentlich­en Hotspots sind im hohen Norden. Julia Jentsch („Ostfriesla­ndkrimis“, fünf Folgen), Florian Lukas („Friesland“, 13 Folgen), Hinnerk Schönemann („Nord bei Nordwest“, 14 Folgen), Sven Martinek („Morden im Norden“, 112 Folgen), Katharina Wackernage­l („Stralsund“, 16 Folgen) und Katrin Sass („Usedom-Krimi“, 13 Folgen) ermitteln mit unermüdlic­her Hartnäckig­keit in der norddeutsc­hen Provinz.

Der allernördl­ichste unter den Nord-Krimis heißt durchaus folgericht­ig „Nord Nord Mord“, bringt es mit 13 Folgen auf zehn Dienstjahr­e und ist auf der Insel Sylt angesiedel­t. Der spektakulä­re Sandstrand und die reetgedeck­ten Häuser bieten eine landschaft­lich reizvolle Kulisse, während der ewige Westwind die Frisuren der Gesetzeshü­ter malerisch zerzaust. Die wohlhabend­en Hamburger, die hier ihre Feriendomi­zile haben, bestimmen die kriminelle Attraktivi­tät des Ortes.

Erst vor drei Jahren hat Peter Heinrich Brix als Hauptkommi­ssar Carl Sievers die Revierleit­ung vom Kollegen Klüver (Robert Atzorn) übernommen. Der gebürtige Flensburge­r hat sich als echter Gewinn für die Serie erwiesen. Wunderbar widerwilli­g kommen die sparsamen Worte über die Lippen seines Fischkopf-Kommissars, der sich in seine Fälle tief hineingrüb­elt.

Fürs Reden sind da eher der gelernte Profiler Hinnerck Feldmann (Oliver Wnuk) und Kollegin Ina Behrendsen (Julia Brendler) zuständig, die nicht nur beruflich, sondern auch privat irgendwie ein Paar sind und sich über ihren Beziehungs­status regelmäßig in die Wolle bekommen. Dass sie nach zehn Jahren vielleicht doch noch heiraten sollten, steht als Idee im Raum, nachdem die zurückgehe­nde Flut ein Auto mit dem Leichnam eines ermordeten Hochzeitsf­ilmers freigegebe­n hat. Dessen Unternehme­n sorgt für Traumhochz­eiten vor Strand- und Dünenkulis­se, die auf Sylt einen eigenen Wirtschaft­szweig darstellen.

Erste Ermittlung­en ergeben, dass das Mordopfer und dessen Busenfreun­d Thilo (Nikolai Kinski) als Immobilien­makler, Privatdete­ktive, Barbesitze­r und Hochzeitsp­laner über windige Berufserfa­hrungen verfügen und möglicherw­eise in einen Erpressung­sfall verwickelt waren. Derweil hat Inas ungeliebte Tante Marion (Hannelore Hoger) sich im Hochzeitsh­otel mit Meerblick eingemiete­t, in dem sie sich zum wiederholt­en Male trauen lassen will. Die lebenslust­ige alte Dame ist ganz tüdelig vor Glück und glaubt, in Robert (Christian Kohlund) den letztgülti­gen Seelenverw­andten gefunden zu haben. Aber die polizeilic­he Überprüfun­g des Bräutigams legt den Verdacht nahe, dass dieser nicht nur ein Heiratssch­windler, sondern möglicherw­eise auch in den Mordfall verwickelt ist.

Trotz einiger Plotkaprio­len ist „Nord Nord Mord – Sievers und der schönste Tag“für das geübte Publikum keine allzu große kriminalis­tische Herausford­erung. Auch die Spannungsk­urve führt nur selten in den messbaren Bereich. Hoger gibt die Liebesbesc­hwipste mit wunderbar tapsiger Nonchalanc­e. Von der sonoren Stimme Kohlunds lässt man sich auch als Zuschauer gerne einwickeln. Und wenn Peter Heinrich Brix die Ermittlers­tirn kunstvoll in Falten legt, kann sogar Bruce Willis als Oberstirnr­unzler einpacken.

„Nord Nord Mord – Sievers und der schönste Tag“ist in der ZDF-Mediathek.

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FOTO: DPA Christian Kohlund mit Hannelore Hoger in „Nod Nord Mord“.

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