Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Nachbarn vereint gegen Homophobie
Zwei Mal haben Unbekannte in Kellen versucht, eine Regenbogenfahne am Haus einer WG zu verbrennen. Jetzt solidarisieren sich die Nachbarn, hängen ebenfalls ein solches Symbol für die Rechte Nicht-Heterosexueller in die Fenster.
KLEVE-KELLEN Daran, dass man auf offener Straße mit dem Finger auf sie zeigt und ausländerfeindliche Kommentare abgibt, haben sich die Mitbewohner von Sophie Potthast schon fast gewöhnt. Und dass es Menschen gibt, die am Fenster der Studenten-Wohngemeinschaft an der van-den-Bergh-Straße in Kellen vorbeigehen, dabei „scheiß Schwuchteln“rufen und dann schnellen Schrittes weglaufen, um nicht erkannt zu werden, gehört ebenfalls zu Erfahrungen, die Potthast und ihre Mitbewohner machen mussten. Aber dass Unbekannte jetzt zum zweiten Mal eine Regenbogenfahne, die aus dem Fenster der WG hing, angezündet und dabei in Kauf genommen haben, dass es zu Gefahr von Leib und Leben der Bewohner kommen kann – das hat nun eine Dimension angenommen, die sich die 23-Jährige und ihre Mitbewohner bislang nicht vorstellen konnten, und die sie richtig ärgert.
Mit der Regenbogenfahne wollen die Studierenden ein Zeichen für Frieden setzen, für Toleranz und Solidarität mit der so genannten LGTBQ-Community (Lesbian, Gay, Transgender, Bisexual, Queer) werben und so auf die Rechte von nicht-heterosexuellen Menschen aufmerksam machen. „Wir wollten mit der Fahne auch einen Kontrast schaffen zu Nazi-Schmierereien in unserer Straße“, sagt Potthast. Doch offenbar gibt es Menschen, die ein solches Symbol nicht ertragen können. Zweimal wurde die am Fenster wehende Fahne angezündet, beim ersten Mal gab es nur einige Brandlöcher, beim zweiten Mal brannte die Fahne komplett ab.
Potthast und ihre Mitbewohner erstatten Anzeige bei der Polizei in Kleve. „Das wurde als Sachbeschädigung mit einem Schaden von zehn Euro aufgenommen. Wir sind schon ziemlich enttäuscht, dass seitens der Polizei nichts weiter unternommen wurde. Aus unserer Sicht sind das politisch motivierte Hasstaten von Rechten“, sagt Potthast. Eine Nachfrage unserer Redaktion bei der Polizei ergab: Ganz ohne Folgen ist die Sache nicht geblieben. So wurde der Staatsschutz eingeschaltet. Der prüfe derzeit, ob etwas unternommen werden könne, „allerdings gibt es derzeit noch keine Ermittlungsansätze“, so eine Polizeisprecherin, da es weder Spuren noch Täterbeschreibungen gebe.
Doch damit wollten sich die Studierenden nicht abfinden. „Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, welche Möglichkeiten wir während der Pandemie haben, um ein Zeichen zu setzen. Schnell kamen wir auf die Idee, eine kleine Nachbarschaftskampagne zu starten. Der Plan: Regenbogenfahnen in der Nachbarschaft in so vielen Fenstern wie möglich anzubringen, um so Solidarität zu symbolisieren“, sagt Potthast.
Die Aktion hatte Erfolg: In fünf Fenstern von Nachbarhäusern hängen nun Regenbogen-Bilder. Die Studierenden sind begeistert von so viel Beistand. Sophie Potthast sagt, auch in Namen ihrer Mitbewohner: „Wir schätzen uns extrem glücklich, eine so offene und solidarische Nachbarschaft zu haben. Wir hoffen, dass wir mit unserem kleinen, aber wirksamen und coronakonformen Widerstand den Menschen, die unser Zuhause für ihre menschenfeindlichen Botschaften und rechten Ideologien nutzen wollten, zeigen konnten: Hier ist kein Platz für Hass!“