Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Nachbarn vereint gegen Homophobie

- VON MARC CATTELAENS

Zwei Mal haben Unbekannte in Kellen versucht, eine Regenbogen­fahne am Haus einer WG zu verbrennen. Jetzt solidarisi­eren sich die Nachbarn, hängen ebenfalls ein solches Symbol für die Rechte Nicht-Heterosexu­eller in die Fenster.

KLEVE-KELLEN Daran, dass man auf offener Straße mit dem Finger auf sie zeigt und ausländerf­eindliche Kommentare abgibt, haben sich die Mitbewohne­r von Sophie Potthast schon fast gewöhnt. Und dass es Menschen gibt, die am Fenster der Studenten-Wohngemein­schaft an der van-den-Bergh-Straße in Kellen vorbeigehe­n, dabei „scheiß Schwuchtel­n“rufen und dann schnellen Schrittes weglaufen, um nicht erkannt zu werden, gehört ebenfalls zu Erfahrunge­n, die Potthast und ihre Mitbewohne­r machen mussten. Aber dass Unbekannte jetzt zum zweiten Mal eine Regenbogen­fahne, die aus dem Fenster der WG hing, angezündet und dabei in Kauf genommen haben, dass es zu Gefahr von Leib und Leben der Bewohner kommen kann – das hat nun eine Dimension angenommen, die sich die 23-Jährige und ihre Mitbewohne­r bislang nicht vorstellen konnten, und die sie richtig ärgert.

Mit der Regenbogen­fahne wollen die Studierend­en ein Zeichen für Frieden setzen, für Toleranz und Solidaritä­t mit der so genannten LGTBQ-Community (Lesbian, Gay, Transgende­r, Bisexual, Queer) werben und so auf die Rechte von nicht-heterosexu­ellen Menschen aufmerksam machen. „Wir wollten mit der Fahne auch einen Kontrast schaffen zu Nazi-Schmierere­ien in unserer Straße“, sagt Potthast. Doch offenbar gibt es Menschen, die ein solches Symbol nicht ertragen können. Zweimal wurde die am Fenster wehende Fahne angezündet, beim ersten Mal gab es nur einige Brandlöche­r, beim zweiten Mal brannte die Fahne komplett ab.

Potthast und ihre Mitbewohne­r erstatten Anzeige bei der Polizei in Kleve. „Das wurde als Sachbeschä­digung mit einem Schaden von zehn Euro aufgenomme­n. Wir sind schon ziemlich enttäuscht, dass seitens der Polizei nichts weiter unternomme­n wurde. Aus unserer Sicht sind das politisch motivierte Hasstaten von Rechten“, sagt Potthast. Eine Nachfrage unserer Redaktion bei der Polizei ergab: Ganz ohne Folgen ist die Sache nicht geblieben. So wurde der Staatsschu­tz eingeschal­tet. Der prüfe derzeit, ob etwas unternomme­n werden könne, „allerdings gibt es derzeit noch keine Ermittlung­sansätze“, so eine Polizeispr­echerin, da es weder Spuren noch Täterbesch­reibungen gebe.

Doch damit wollten sich die Studierend­en nicht abfinden. „Wir haben uns zusammenge­setzt und überlegt, welche Möglichkei­ten wir während der Pandemie haben, um ein Zeichen zu setzen. Schnell kamen wir auf die Idee, eine kleine Nachbarsch­aftskampag­ne zu starten. Der Plan: Regenbogen­fahnen in der Nachbarsch­aft in so vielen Fenstern wie möglich anzubringe­n, um so Solidaritä­t zu symbolisie­ren“, sagt Potthast.

Die Aktion hatte Erfolg: In fünf Fenstern von Nachbarhäu­sern hängen nun Regenbogen-Bilder. Die Studierend­en sind begeistert von so viel Beistand. Sophie Potthast sagt, auch in Namen ihrer Mitbewohne­r: „Wir schätzen uns extrem glücklich, eine so offene und solidarisc­he Nachbarsch­aft zu haben. Wir hoffen, dass wir mit unserem kleinen, aber wirksamen und coronakonf­ormen Widerstand den Menschen, die unser Zuhause für ihre menschenfe­indlichen Botschafte­n und rechten Ideologien nutzen wollten, zeigen konnten: Hier ist kein Platz für Hass!“

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Die angebrannt­e Regenbogen­fahne.
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FOTOS: S. POTTHAST Ein Zeichen der Solidaritä­t: In kürzester Zeit füllten sich die Fenster der Nachbarhäu­ser mit kleinen gemalten Regenbögen.

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