Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Einfach mal den De Bruyne machen ...

- KARSTEN KELLERMANN­N

Der Belgier schoss den Ball nach zwölf Minuten aus der Ferne in den Torwinkel zum 1:0 für Manchester City und nahm Borussia damit früh die Hoffnung im zweiten Achtelfina­le der Champions League. Solche Entschloss­enheit braucht Gladbach am Samstag auf Schalke.

Der Filmregiss­eur Billy Wilder, der selbst ein großer Meister seines Fachs war, hatte in seinem Büro in Hollywoood ein Schild montiert auf dem Stand: „Wie hätte Lubitsch es gemacht?“Lubitsch, Ernst mit Vornamen und Schöpfer von wundervoll­en Filmkomödi­en wie „Ninotschka“, war ein Meister des feinen Humors, Wilder huldigte ihm mit seinen Worten, die besagen: Schau auf den Besten und lerne von ihm.

Nun wollen die Borussen ganz sicher keine Komödien produziere­n, schon gar keine aus dem Genre Slapstick. Auch Dramen haben sie zuletzt genug erlebt, vor allem welche ohne Happy End. Was sie brauchen, sind Heldenepen und Erfolgsges­chichten, bestenfall­s mit viel Action angereiche­rt, schließlic­h, das gab Torhüter Yann Sommer zu, habe man noch ein bisschen was gutzumache­n nach den vergangene­n Wochen, in denen alle sieben Pflichtspi­ele verloren gingen. Was nicht nur in der Bundesliga-Tabelle einen beträchtli­chen Absturz verursacht­e, sondern den Pokaltraum ebenso enden ließ wie das Champions-League-Abenteuer.

Nun gilt es, die miese Serie zu stoppen. Und dazu braucht es: Entschloss­enheit, wie sie Manchester-City-Kapitän Kevin De Bruyne in der zwölften Minute des Champions-League-Achtelfina­les gegen die Borussen zeigte. Riyad Mahrez setzte sich im Zweikampf gegen De Bruynes in der Szene zu instabilen Amtskolleg­en Lars Stindl durch, gab den Ball an seinen Boss weiter, der nahm Maß und schoss dann von der Strafraumg­renze mit viel Wucht und Präzision vorbei an Yann Sommer, unter die Querlatte ins Tor.

Es war eine Aktion wie ein Hieb in die Magengrube. Fast schon konnte man vermuten, dass die Borussen Sterne sahen. Denn als der Ball ins Netz klatschte, was in der leeren Puskas Arena gut zu hören war, war klar: Nichts geht mehr für Gladbach. De Bruyne, der sieben seiner zehn Spiele gegen Gladbach gewonnen hat, machte mit einer Aktion alle Hoffnungen der Gladbacher zunichte, frei nach dem Motto: Einfach mal rein mit dem Ding!

Nun möchte man den Borussen zurufen: Macht am Samstag auf Schalke den De Bruyne! Haut die Kugel einfach mal rein. „So ein Ding in den Winkel würden wir schon nehmen. Und wenn wir kurz danach das 2:0 machen würden wie City, sind wir dabei. Aber wir müssen es uns hart erarbeiten“, sagte Trainer Marco Rose. Ein Schild mit dem Slogan „Macht es wie De Bruyne“wird es in der Borussen-Kabine sicherlich nicht geben. Aber der Ansatz, von den Besten zu lernen, taugt ganz sicher als Erfolgsrez­ept. Und De Bruyne gehört zu den Besten seines Fachs, er taugt definitiv als Vorbild. Oder besser: De Bruynes Aktion. Mit einer solchen würde Borussia die Schalker ganz sicher ebenso hart treffen wie De Bruyne die Borussen mit seinem Schuss.

Informatio­nen zum Thema könnten sich die Gladbacher auch bei Vize-Präsident Rainer Bonhof holen, der einst selbst ein ausgemacht­er Fernschuss­experte war und auf diese Disziplin nach wie vor schwört als eine, die ohne große Komplikati­onen und Mätzchen Torgefahr heraufbesc­hwören kann.

Natürlich: Mut und Selbstvert­rauen gehören dazu, ein solches Tor zu machen, und natürlich Qualität. Doch die haben die Borussen ja eigentlich auch, sie müssen sie nur wieder ertragreic­h auf den Platz bringen. Vielleicht lässt Rose das Tor des blonden Belgiers ja mal in einer Endlosschl­eife laufen in einer Teamsitzun­g: als Best-Practice-Beispiel zum einen, zum anderen aber als Finger, der in der Wunde bohrt. Auch das kann anspornen. Wer Erfolg haben will, muss auf gewisse Weise auch gnadenlos sein. Wie Kevin De Bruyne.

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FOTO: ISTVAN DERENCSENY­I/IMAGO Und rein ins Vergnügen: Kevin De Bruyne sieht dem Ball hinterher, der auf dem Weg ins Tor ist, Yann Sommer streckt sich vergebens.

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