Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Gladbachs Krisenende kann noch nicht die Wende sein
KOMMENTAR Borussia hat durch das 3:0 gegen den FC Schalke 04 die Pleitenserie gestoppt. Von einem schwachen königsblauen Aufbaugegner wollten die Gladbacher im Anschluss nichts wissen. Das sieht unsere Autorin anders.
Um exakt 21.21 Uhr verließ der Gladbacher Mannschaftsbus am Samstagabend die Veltins-Arena in Gelsenkirchen. Imaginär im Gepäck: drei Punkte, die sich die Borussen durch den 3:0-Sieg gegen den FC Schalke 04 erarbeitet hatten. Der Erfolg beendete die Negativserie nach sieben Pflichtspielniederlagen in Folge. Oder auch: Es war der zweite Sieg in den vergangenen elf Partien, die ersten drei Punkte in der Bundesliga seit dem 4:2-Sieg gegen Borussia Dortmund am 22. Januar – und der lag am Samstag 57 Tage zurück.
Trotz aller Erleichterung, die Trainer Marco Rose und allen voran die Spieler nach dem Abpfiff verspürten: Es war ein Pflichtsieg gegen einen künftigen Zweitligisten, der in dieser Saison, das muss man bei allem Respekt so formulieren, nur noch darum bemüht sein kann, nicht zu den fünf schlechtesten Absteigern der Bundesliga-Geschichte zu gehören.
Für Borussia hätte es rückblickend gesehen keinen besseren Gegner zu diesem Zeitpunkt geben können, auch wenn die Brisanz des Krisenduells im Vorfeld deutlich zu spüren war und sich zunächst auch auf das Spielfeld übertrug: Gladbach hatte den Ball, Gladbach hatte die ersten Torchancen – doch die Schalker hatte Umschaltmomente, die sie nicht clever genug nutzten. Gegen andere Teams hätte es zur Pause auch 1:1 stehen können, doch der Schuss von Kerim Calhanoglu blieb die einzige wirkliche Torannäherung.
„Von einem Aufbaugegner zu sprechen, wäre sicherlich ein bisschen zu viel des Guten,“sagte Christoph Kramer dem „Sportstudio“. Aber genau das war Schalke für Borussia, was vor allem in der Schlussphase sichtbar wurde, in der das Selbstvertrauen mit der zwischenzeitlichen 2:0-Führung im Rücken in immer mehr gelungenene Aktionen mündete. Bestes Beispiel: Alassane Plea, der nach einer halben Stunde noch eine Großchance vergeben hatte, dann abgetaucht war und mit zunehmender Spieldauer noch mal einen Schub bekam, sich die Bälle im Mittelfeld holte und so auch als Flankengeber an der Entstehung des 3:0 beteiligt war. Der Patzer von Torwart Frederik Rönnow war nicht die einzige Szene, in der Schalke vor dem eigenen Tor mehr Gefahr ausstrahlte als vor dem gegnerischen.
Der Sieg auf Schalke bedeutet das Ende der Gladbacher Krise, aber noch nicht die Wende. Er ist gerade für die Köpfe der Spieler wichtig, wird die nach wie vor miese Stimmung im Umfeld des Klubs aber nicht kippen. Das kann nur ansatzweise funktionieren, wenn der Sieg auf Schalke der Anfang einer Serie war. Und nur so kann Gladbach noch auf das Erreichen des internationalen Geschäfts hoffen – ob es am Ende die neu geschaffene Conference League oder die Europa League wäre, darauf hat Borussia kein Wahlrecht.
Auf die Leistung gegen Schalke muss Gladbach in den kommenden Wochen ordentlich etwas draufpacken, um weitere Siege einzufahren. Denn: Die Unruhe, die bei einer weiteren Niederlage noch mehr Druck auf Manager Max Eberl ausgelöst hätte, ist lediglich gedämpft worden – und würde Borussia bei einer Pleite in zwei Wochen gegen den SC Freiburg, ein direkter Konkurrent um Platz sieben, wieder einholen.