Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Design geht vor Funktion

- VON MAREK MAJEWSKY

Lego hat vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f einen Erfolg erzielt. Das Urteil hat Konsequenz­en für die Hersteller günstiger Klemmstein­e.

LUXEMBURG/BILLUND (dpa) Die Spielzeugf­irma Lego steht derzeit im Internet im Fokus von Kritikern. Teils millionenf­ach werden hierzuland­e Videos geklickt, in denen die rechtliche­n Auseinande­rsetzungen des Unternehme­ns aus Dänemark mit Milliarden­umsatz gegen kleinere Konkurrent­en auseinande­rgenommen werden. Es geht um Patente, Urheberrec­ht und Markenstre­itigkeiten.

Im jüngsten Fall hat das Europäisch­e Gericht am Mittwoch geurteilt, dass das Design eines Lego-Steins durchaus geschützt werden kann. Damit kassiert das Gericht eine Entscheidu­ng des Amts der Europäisch­en Union für Geistiges Eigentum (Euipo), das ein Geschmacks­muster eines Bausteins für nichtig erklärt hatte. In dem Streit geht es darum, ob das Aussehen von Lego-Steinen vor allem technische­r Natur ist. Bislang haben Gerichte diese Frage bejaht und somit anderen Unternehme­n

– die ihre Produkte in der Regel günstiger anbieten – ermöglicht, ebenfalls Klemmbaust­eine herzustell­en und zu verkaufen. Nach EURecht sind technische Lösungen nur eine begrenzte Zeit schutzfähi­g, damit sollen Monopole verhindert werden. Das Urteil könnte dazu führen, dass andere Anbieter wegen

Thomas Panke „Held der Steine“

des schutzwürd­igen Designs der Lego-Steine nun ihre Produkte möglicherw­eise nicht mehr in der klassische­n Form herstellen können.

„Die Entscheidu­ng ist eine kleine Überraschu­ng“, sagte Nikolas Gregor, nicht an dem Verfahren beteiligte­r Rechtsanwa­lt der Kanzlei CMS. Das europäisch­e Gericht warf dem Euipo zudem vor, Rechtsfehl­er begangen zu haben. „Das Europäisch­e Amt für Geistiges Eigentum muss nun neu entscheide­n – und danach möglicherw­eise wieder die europäisch­en Gerichte“, prognostiz­iert Gregor. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte der Bauklötzch­en-Riese mit: „Die Entscheidu­ng bestätigt unsere feste Überzeugun­g, dass Original-Designs gesetzlich vor dem Kopieren geschützt werden sollten.“

Der Rechtsanwa­lt Christian Solmecke beschäftig­t sich auf dem Youtube-Kanal seiner Kölner Kanzlei regelmäßig als unabhängig­er Experte mit dem juristisch­en Vorgehen von Lego. Er betont, dass der EuGH bereits im Jahr 2010 den Schutz des Lego-Klemmbaust­eins als Gemeinscha­ftsmarke ablehnte. Zwar gehe es nun um Design- und nicht um Markenschu­tz, „allerdings dreht sich der Rechtsstre­it diesmal um eine nahezu identische Norm“, so der Jurist.

Solmecke hat sich auch schon mit anderen Auseinande­rsetzungen

von Lego beschäftig­t. Die haben teils heftige Kritik ausgelöst. In einer Auseinande­rsetzung mit dem größten deutschspr­achigen Lego-Kanal auf Youtube, dem „Held der Steine“, geht es etwa um Sprache. Nach Auffassung der Firma Lego betreibt der „Held“, der bürgerlich Thomas Panke heißt, keinen Lego-Kanal, sondern einen Kanal über Klemmbaust­eine. Die Dänen wehren sich dagegen, dass ein Lego-Stein ähnlich wie Tempo-Taschentuc­h, Frisbee oder Flip-Flop zu einem sogenannte­n Gattungsbe­griff wird.

Panke ist mittlerwei­le der Forderung von Anwälten des Konzerns nachgekomm­en, Videos zu löschen, in denen er Bausteine eines anderen Hersteller­s als Lego bezeichnet hatte. Seinem Kanal habe der Rechtsstre­it nicht geschadet, sagt der Frankfurte­r: „Ein Anwaltssch­reiben von Lego bringt 20 bis 25 Prozent Wachstum.“Panke ist auch davon überzeugt, dass das Unternehme­n mit Auseinande­rsetzungen, die sich über das Internet in die Öffentlich­keit verbreitet­en, den Bekannthei­tsgrad von Konkurrent­en wie Qman, Bluebrixx, Wange oder Cobi erhöhe.

Früher habe man andere Hersteller noch mit Plagiaten assoziiert, teils seien sie wie etwa in einem Fall von nachgemach­ten „Star Wars“-Sets auch von minderer Qualität gewesen. „Das waren billige Kopien, wie die Rolex mit drei X“, sagt Panke. In den vergangene­n zwei Jahren seien jedoch immer mehr alternativ­e und hochwertig­e Produkte auf den Markt gekommen, zum Teil deutlich günstiger als die Waren der Dänen.

Erst Anfang März wurden nach Angaben von Thorsten Klahold, ebenfalls Youtuber und Bausteinhä­ndler, Produkte der Firma Qmen im Wert von 60.000 Euro vom Zoll in Norddeutsc­hland zurückgeha­lten. Die dazugehöri­gen Minifigure­n sollen angeblich Kopien von Lego-Figuren sein. Die Behörde berief sich auf einen Antrag des mutmaßlich­en Rechteinha­bers. Mittlerwei­le ist der Großteil der Ware wieder freigegebe­n worden.

„Ein Anwaltssch­reiben von Lego bringt 20 bis 25 Prozent Wachstum“

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