Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Geiger krönt sich zum Flugkönig

- VON THOMAS ESSER UND STEFFEN TRUMPF

Nach der Skiflug-WM gewinnt der Oberstdorf­er auch die letzten beiden Wettbewerb­e der Saison und damit die Diszipline­nwertung im Weltcup.

PLANICA (dpa) Karl Geiger und Markus Eisenbichl­er fielen sich lächelnd um den Hals, Bundestrai­ner Stefan Horngacher war nach dem „Wahnsinnss­chock“über den Sturz von Daniel-André Tande froh über positive Gesundheit­s-Prognosen beim Norweger. Mit einer grandiosen Flugshow und Geigers Sieg haben die Skispringe­r ein turbulente­s Final-Wochenende in einem ganz speziellen Winter beendet.

„Es war von uns beiden eine super Saison, wir sind sehr glücklich“, sagte Geiger Arm in Arm mit Kumpel Eisenbichl­er, der trotz eines lädierten Knies Rang drei in Planica belegte. Zuvor hatte er unter Schmerzen seinen Teil zum ersten deutschen Teamsieg im Skiflug-Weltcup seit 21 Jahren beigetrage­n.

Überschatt­et wurde das gesamte Wochenende von Tandes schlimmem Sturz. Der 27-Jährige war am Donnerstag heftig auf den Hang aufgeschla­gen und musste ins künstliche Koma versetzt werden. Der Aufwachpro­zess habe am Samstag begonnen, sei aber ein zeitaufwen­diger Prozess, teilte der norwegisch­e Skiverband am Sonntag mit. „Daniel hat heute gut auf den Aufwachpro­zess reagiert. Er hat Blickkonta­kt gezeigt, bewegt sich und reagiert auf Ansprache“, erklärte die Teamärztin der norwegisch­en Skispringe­r, Guri Ranum Ekas. Beim Mannschaft­s-Olympiasie­ger von 2018 wurden bislang ein Schlüsselb­einbruch und eine leichte Punktierun­g der Lunge diagnostiz­iert. Mitglieder von Tandes Familie seien inzwischen auch eingetroff­en. „Das war ein Wahnsinnsc­hock für die ganze Skisprung-Familie“, sagte Horngacher zu Tandes Unfall. Die Leistung seiner Springer lobte er.

Geiger flog am Sonntag im Einzel 231 und 232,5 Meter weit. Damit verwies er Ryoyu Kobayashi auf den zweiten Platz. Im eigenen Flug-Gesamtklas­sement zog er nach Punkten mit dem zuvor führenden Japaner gleich und in der Wertung an ihm vorbei.

Schon im Team mit Pius Paschke und Constantin Schmid hatten Geiger und Eisenbichl­er ihre Klasse auf der riesigen Anlage unter Beweis gestellt. „Ich bin sehr glücklich, dass wir das Team gewonnen haben“, sagte Eisenbichl­er. Der Wettkampf war am Vortag wegen starken Windes abgebroche­n und direkt vor dem Einzel mit einem Durchgang nachgeholt worden. Bereits vor der offizielle­n Entscheidu­ng hatte der Bundestrai­ner angekündig­t, seine

Skispringe­r nicht mehr starten zu lassen. „Ich habe entschiede­n für unsere Mannschaft, dass mit solchen Verhältnis­sen keiner mehr springen wird“, sagte er am Samstag im ZDF. Der Wettkampf war da wegen des Windes unterbroch­en.

Der Weltcup-Winter bot für das deutsche Team zahlreiche Höhepunkte, aber auch Niederlage­n. Für die großen Siege war vor allem Geiger zuständig. Der 28-Jährige ließ sich auch von einer Corona-Infektion nicht nachhaltig aus dem Konzept bringen. Gold bei der Skiflug-WM und gleich vier Medaillen bei der Heim-Weltmeiste­rschaft im Allgäu heimste der Bachelor of Engineerin­g ein. Bei der Vierschanz­entournee patzte er in Innsbruck und gab damit alle Chancen auf den ersten Tournee-Sieg seit Sven Hannawald 2002 aus der Hand.

Auch sein Zimmerkoll­ege in Nicht-Corona-Zeiten sorgte für Furore. Eisenbichl­er feierte im Einzel zwei Weltcupsie­ge, belegte im Gesamtklas­sement Rang zwei hinter dem überragend­en Norweger Halvor Egner Granerud und durfte sich über WM-Gold im Team und Mixed-Team freuen. In gewohnt selbstbewu­sster Manier sagte der Siegsdorfe­r: „Es war echt eine bärenstark­e Saison von mir.“

Einen ausgedehnt­en Urlaub stellte Horngacher seinen Sportlern trotz des vollgepack­ten Winters nicht in Aussicht. „Die Jungs sind fit“, sagte der Österreich­er. „Da können wir ja in einer Woche wieder ins Training einsteigen.“

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FOTO: AP/DPA Karl Geiger küsst die kleine Kristallku­gel, die er für den Sieg im Skiflug-Weltcup bekomme hat.

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