Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Finnwal-Skelett auf Texel soll ins Museum

- VON OLIVER SCHAULANDT

2017 wurde vor der Nordseeins­el der Kadaver eines 18 Meter langen Meeressäug­ers angespült. Nun werden seine Knochen ausgestell­t.

DE KOOG Es war eine Sensation im August 2017: Am langen Sandstrand der Insel Texel war unweit des Touristeno­rtes De Koog der riesige Kadaver eines Finnwals angespült worden. Hunderte von Touristen bestaunten ungläubig die Überreste des 18,85 Meter langen Giganten der Meere, der wahrschein­lich um die 40 Jahre alt geworden war. Das Tier war Tage zuvor vermutlich mit einem Schiff kollidiert; möglicherw­eise hatte dieses Schiff es Hunderte Kilometer weit mitgeschle­ppt.

Pierre Bonnet, Biologe am auf Texel gelegenen Meeresfors­chungsinst­itut Ecomare, sagte seinerzeit, der Darm des Kadavers sei gefüllt gewesen – das deute darauf hin, dass das Weibchen an einer Verletzung gestorben sei. Auch Altersschw­äche als Todesursac­he falle weg: Finnwale werden bis zu 100 Jahre alt.

Jetzt kehrt das Skelett des Tieres auf die niederländ­ische Ferieninse­l zurück: Nach vielen Überlegung­en über einen geeigneten Standort haben sich die Biologen nun für eine Stelle in entspreche­nder Größe entschiede­n. Das Skelett wird in einem großen Ausstellun­gsraum mit vielen Meeresaqua­rien aufgehängt werden. Spätestens im Frühjahr 2022 ist es dann für die Besucher zu sehen.

„Ursprüngli­ch war unsere Überlegung, dass wir unseren Anbau erweitern, der ohnehin schon für eine Wal-Ausstellun­g genutzt wird, um es dort auszustell­en. Doch durch die fehlenden Einnahmen durch die Corona-Maßnahmen fehlen uns dazu momentan die finanziell­en Mittel“, schrieb Bonnet in seinem Blog. In jenem Ausstellun­gsraum sind unter anderem Fotos und Tafeln über die spektakulä­re Strandung zu sehen. Direkt daneben hängen bereits die beiden Kieferknoc­hen des Finnwals. Sie wiegen gut 250 Kilogramm und sind etwa fünfeinhal­b Meter groß. Das Gesamtgewi­cht des Tieres dürfte um die 30 Tonnen betragen haben; seine Schwanzflo­sse war gut drei Meter groß.

„Bislang waren die Skelette eines Pottwals und eines Buckelwals die größten Exponate im Ecomare, aber der Finnwal war mit seinen 20 Metern

noch größer. An den Kiefern sieht man die Unterschie­de deutlich: Sie sind um ein Vielfaches größer als die der beiden anderen Tiere“, sagt Bonnet. Jene Walskelett­e wurden in der Vergangenh­eit ebenfalls auf Texel angespült – und eines davon erzählt eine ganz eigene Geschichte: 2014 entdeckte man am Strand einen etwa 15 Meter großen Pottwal. In dessen Därmen fanden die Mitarbeite­r des Ecomare 83 Kilogramm des für Parfümhers­tellung benötigten Rohstoffs Amber mit einem Wert zwischen 350.000 und 800.000 Euro. Damit wurde seinerzeit der Ausstellun­gsraum für die Walschau finanziert.

Für den Finnwal ist dieser Raum zu klein. Das Skelett sollte aber unbedingt auf Texel gezeigt werden. Doch der neue Raum birgt noch ein Risiko: Durch die hohe Luftfeucht­igkeit der offenen Becken könnte sich Schimmel an den Knochen bilden. Dazu haben Bonnet und seine Kollegen nun testweise das Schulterbl­att des Tieres und einen der Schwanzwir­bel aufgehängt. „Vorläufig sieht es gut aus“, sagt Bonnet. „Wenn das so bleibt, wollen wir im Laufe des Jahres, spätestens Anfang 2022, das gesamte Skelett dort aufhängen.“

Für die Forscher galt der Fund des Giganten vor gut vier Jahren als Sensation: Das Skelett war durch die Kollision zwar beschädigt worden, aber komplett und insgesamt gut erhalten – eine Seltenheit. Finnwale selbst sind in allen Weltmeeren beheimatet, aber dass sie bis in die Nordsee vordringen, ist selten — auch darum waren die Forscher so begeistert. Entdeckt werden sie meist als Totfund. 2015 etwa wurde

ein Finnwal in Hamburg gesichtet, 2005 in der Ostsee. Mit einer Länge von bis zu 27 Metern zählen sie wie die Blauwale zu den größten Säugetiere­n der Erde.

Das Skelett des vor Texel gestrandet­en Tieres wurde in den Tagen danach vor Ort am Strand zerlegt. Die Knochen wurden sorgfältig gereinigt und dann nach Friesland zu Präparator Chris Walen gebracht. Dort lagerten und trockneten sie seither, anschließe­nd nahmen die Präparator­en ihre Arbeit auf – jetzt also geht es bald zurück auf die Insel.

 ?? FOTO: ECOMARE ?? An der Museumsdec­ke hängen bereits Knochen des 2017 auf Texel gestrandet­en Finnwals. Bald sollen sie in einem eigenen Raum gezeigt werden.
FOTO: ECOMARE An der Museumsdec­ke hängen bereits Knochen des 2017 auf Texel gestrandet­en Finnwals. Bald sollen sie in einem eigenen Raum gezeigt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany