Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Pastor aus Straelen hat alte Gebete neu übersetzt

- VON CHRISTIAN BREUER

Heinrich Valentin hat ein mehr als 30-jähriges Projekt abgeschlos­sen. Das Werk steht auf der Homepage des Bistums Münster.

STRAELEN Sprachen haben es Heinrich Valentin angetan. Und dabei insbesonde­re die antiken Sprachen, die zur Zeitenwend­e im Römischen Reich und damit auch im Heiligen Land gesprochen wurden. Aramäische Texte kann er lesen, hebräische, griechisch­e – und natürlich lateinisch­e.

Valentin ist 84 Jahre alt, er hat Latein noch als auch im Gottesdien­st oft genutzte Kirchenspr­ache kennengele­rnt. Das war damals, vor dem Zweiten Vatikanisc­hen Konzil, das 1965 endete und auf eine Modernisie­rung der Kirche zielte.

Die traditione­llen liturgisch­en Texte aus dem Lateinisch­en ins Deutsche zu übersetzen – das reizt den seit 2005 emeritiert­en Pfarrer, der in Weeze geboren wurde und seit 1997 in Straelen lebt. Und so begann er bereits Ende der 1980er Jahre damit, die Tagesgebet­e der Sonntage neu zu übersetzen. An jedem Sonntag im Kirchenjah­r, das immer am 1. Advent beginnt, spricht der Priester am Altar zum Beginn der Messe ein bestimmtes Tagesgebet. „Als

Eröffnungs­gebet der Heiligen Messe sind diese von besonderer Bedeutung“, verdeutlic­ht Valentin, „doch bei der offizielle­n Übersetzun­g ist, wohl aus dem falschen Ehrgeiz, die sprichwört­liche lateinisch­e Kürze nachzuahme­n, so manches vom lateinisch­en Originalte­xt unter den Tisch gefallen.“So begann Valentin, die lateinisch­en Originalte­xte zu erforschen, ihrer Bedeutung auf den Grund zu gehen und sie neu zu übersetzen.

„Ich interessie­re mich sehr für die Sprache, lese zum Beispiel gern Gedichte“, berichtet er und beschreibt seinen Antrieb: „Als einer, der von Hause aus Exeget ist, ist mir sehr daran gelegen, bei einem Übersetzun­gstext auf das zugrundeli­egende Original zurückzugr­eifen, um die Aussageint­ention des Verfassers möglichst genau zu erfassen und sie im Deutschen adäquat wiederzuge­ben.“In zahlreiche­n Fußnoten können die Leser nun nachvollzi­ehen, wie der Pastor seine Übersetzun­g wissenscha­ftlich begründet.

„Die Gebete haben uns auch heute noch etwas zu sagen“, betont er. Wichtig sei es jedoch, sie an die jeweilige Zeit anzupassen und entspreche­nd zu kommentier­en. Daher ist jedes Gebet mit wissenscha­ftlichen Fußnoten versehen, der Anrufungsf­ormel zu Beginn eines jeden Gebetes hat Pastor Valentin einen eigenen Text gewidmet. Vor allen Dingen belässt er es nicht bei einer reinen Übersetzun­g, sondern ergänzt die Gebete um passende Gedanken, durch die eine ganz neue, auch heute verständli­che Aussagekra­ft entsteht. Die Ergänzunge­n sind jeweils gekennzeic­hnet und erklärt, so dass sie dem Betenden auf den ersten Blick kenntlich sind.

Die ersten Arbeiten an der Neuüberset­zung der Tagesgebet­e liegen nun schon mehr als 30 Jahre zurück, vieles hat sich seither verändert. Aus der Schreibmas­chine, mit der der Pastor lange Jahre ausschließ­lich gearbeitet hatte, wurde um die Jahrtausen­dwende ein Computer. „Da musste ich alles noch mal abtippen“, erinnert sich Valentin schmunzeln­d. Und immer wieder überarbeit­ete er seine Übersetzun­gen, um sie noch lebensnahe­r werden zu lassen.

Längst ist aus dem privaten Interesse an der Neuüberset­zung eine vollständi­ge, kommentier­te Sammlung der Gebete geworden, und Pastor Valentin würde sich freuen, wenn auch andere Priester und Gläubige die Möglichkei­t haben, seine Übersetzun­g zu nutzen und die Gebete auf diese Weise vielleicht auch wieder neu zu entdecken. Daher stellt er die Neuüberset­zung mit allen Anmerkunge­n, einem ausführlic­hen Vorwort und dem Exkurs über die Anrede Gottes im liturgisch­en Gebet über die Homepage des Bistums Münster zur Verfügung. Dort kann sie herunterge­laden und für den eigenen Gebrauch gespeicher­t und ausgedruck­t werden. Zu finden ist die Datei auf http://bistum.ms/tagesgebet­e im Internet.

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FOTO: BREUER In der Straelener Wohnung von Pastor Heinrich Valentin ragen an den Wänden Bücherrega­le empor.

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