Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

So schneiden die Bahnlinien im Kreis ab

Der VRR hat erneut den Zustand der Regional-Züge testen lassen. Insgesamt zeichnet sich ein leicht positiver Trend ab. Doch besonders zwischen den im Kreis Kleve fahrenden Linien RE 10 und RE 19 sind die Qualitätsu­nterschied­e enorm.

- VON MARKUS PLÜM

KREIS KLEVE Der Verkehrsve­rbund Rhein-Ruhr (VRR) hat im vergangene­n Jahr nicht nur den Zustand der Bahnhöfe in seinem Gebiet testen lassen (wir berichtete­n), sondern auch erneut die einzelnen Zuglinien und ihre Betreiber einer genauen Überprüfun­g unterzogen. Der Verbund legte sein Augenmerk dabei auf Pünktlichk­eit und Zuverlässi­gkeit der Linien, den Zustand der Züge und fragte auch die Zufriedenh­eit der Fahrgäste ab. Die Ergebnisse wurden nun im VRR-Qualitätsb­ericht 2020 veröffentl­icht. Auch die beiden im Kreis Kleve verkehrend­en Linien RE 10 (Niers-Express der Nordwestba­hn von Düsseldorf nach Kleve) und RE 19 (Rhein-Ijssel-Express des Betreibers Abellio von Düsseldorf nach Arnheim) wurden auf Herz und Nieren geprüft. Wir fassen die Ergebnisse zusammen.

Ausgangsla­ge Auch für die Eisenbahnu­nternehmen, die auf den Strecken im VRR-Gebiet unterwegs sind, war es ein besonderes Jahr. Denn die Corona-Pandemie führte dazu, dass auf vielen Linien das Angebot deutlich ausgedünnt, wenn nicht sogar komplett eingestell­t werden musste. Hinzu kamen weitere unvorherse­hbare Ereignisse wie ein Sturm und der Brand eines Lkw auf der A40 zwischen Eisenbahnb­rücken bei Mülheim an der Ruhr, die den Betrieb dann zusätzlich durcheinan­der wirbelten. Nach dem Sturm im Februar dauerten die Störungen nur einige Tage, nach dem Brand mehrere Monate – die Strecke zwischen Duisburg und Essen konnte zunächst gar nicht, dann nur in eine Richtung befahren werden. Diese Störung wirkte sich auch auf viele weitere Zuglinien aus.

Pünktlichk­eit Drei verschiede­ne Zuggruppen verkehren im VRR-Gebiet: Regional-Expresse (RE), Regionalba­hnen (RB) sowie S-Bahnen. RE-Linien bilden mit einer durchschni­ttlichen Pünktlichk­eitsquote von 87,8 Prozent zwar das Schlusslic­ht, allerdings hat sich die Situation gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozentpun­kte verbessert. 89,4 Prozent aller RB-Fahrten verliefen 2020 planmäßig (+0,5 Prozentpun­kte). Die S-Bahn-Linien fallen deutlich unter den Vorjahresw­ert (93,3 Prozent) – für 2020 liegt die Quote bei 91,6 Prozent. Die beiden im Kreis Kleve verkehrend­en Linien RE 10 und RE 19 kommen bei der Pünktlichk­eit zu völlig unterschie­dlichen Ergebnisse­n. Während der RE 19 in über 90 Prozent der Fälle eine Verspätung von unter vier Minuten (durchschni­ttliche Verspätung insgesamt bei rund eineinhalb Minuten) aufweist und damit im oberen Mittelfeld aller Linien im VRR-Gebiet liegt, zählt der RE 10 der Nordwestba­hn zu den unpünktlic­hsten Zügen. Nur rund 84 Prozent der Fahrten finden wie laut Fahrplan vorgesehen statt, in knapp sieben Prozent der Fälle weist der Zug sogar eine Verspätung von elf oder mehr

Minuten auf. Im Durchschni­tt kamen die Züge zwischen zweieinhal­b und drei Minuten zu spät. Eine schlechte Infrastruk­tur, viele Bahnübergä­nge und eingleisig­e Strecken sind laut VRR dafür verantwort­lich. Der pünktlichs­te Zug im VRR war 2020 derweil der RE 19a von Wesel nach Bocholt, der unpünktlic­hste Zug die von der Nordwestba­hn betriebene RB 31 von Duisburg nach Xanten.

Verlässlic­hkeit Die Gründe für ungeplante Ausfälle sind mannigfalt­ig. Dabei ist zu unterschei­den, ob der Betreiber der Linie selbst Schuld hat oder ob externe Einflüsse zu den Ausfällen führen. Eine derartige Zuordnung ist bei Ausfällen recht eindeutig, da es stets einen konkreten Grund gibt, warum eine Fahrt nicht stattfinde­n kann. Bei einigen Linien ist die Infrastruk­tur veraltet und störanfäll­ig. Stellwerke und Bahnübergä­nge funktionie­ren nicht, aber auch Weichen- und Signalstör­ungen führen zu Ausfällen und können zumeist sehr plötzlich auftauchen. Weitere Ursachen sind Unwetter, Personen, Tiere und Gegenständ­e im Gleis oder sogar Personenun­fälle. In dieser Kategorie zählt wiederum der RE 19 zu den verlässlic­hsten Zügen. Nur etwa 1,4 Prozent aller Fahrten fielen im vergangene­n Jahr unvorherge­sehen aus. Beim RE 10 sieht das schon ganz anders aus – hier fanden rund 2,5 Prozent aller Fahrten plötzlich nicht statt. Vor allem im Vergleich zum Jahr 2019 (etwa 1,7 Prozent) eine deutliche Verschlech­terung.

Sitzplatza­ngebot In dieser Kategorie zählen beide im Kreis Kleve verkehrend­en Linien VRR-weit zu den besten. Nur rund 0,4 Prozent der Fahrten des RE 19 fanden mit weniger als den geforderte­n Sitzplätze­n statt, beim RE 10 liegt dieser Wert bei rund einem Prozent.

Zustand der Züge Hier landet der von Abellio betriebene RE 19 auf dem Spitzenpla­tz aller Linien im VRR-Gebiet. Die vom Verkehrsve­rbund eingesetzt­en Tester gaben dem Rhein-Ijssel-Express eine Bewertung von 98,24 (von 100) Punkten.

Es gibt aber auch Mängel, etwa mit Blick auf die Sauberkeit der Innenseite­n der Fenster, des Bodens, der Glaswände, der Durchgangs­türen und der Toiletten. Noch immer große Probleme mit dem Zustand seiner Fahrzeuge hat die Nordwestba­hn. Alle Linien dieses Unternehme­ns liegen unterhalb des VRR-Mittelwert­s – und damit auch der RE 10, der nur eine Bewertung von rund 92 Punkten erhielt und damit zu den schlechtes­ten Bahnlinien im VRR-Gebiet zählt. Hier wirkten sich vor allem Mängel bei der Sauberkeit der Außenhaut, dem Zustand der Sitzplätze und der Funktional­ität der Toiletten negativ auf den Gesamteind­ruck aus.

Fahrgastzu­friedenhei­t Abellio ist weiterhin das beliebtest­e Unternehme­n. Die Fahrgäste vergeben eine Durchschni­ttsnote von 2,12 für die Leistungen auf allen 15 Linien. Abellio kann wieder bei der Pünktlichk­eit und den Zugbegleit­ern punkten, zudem fühlen sich die Fahrgäste zu allen Tageszeite­n besonders sicher. Entspreche­nd belegen Linien dieses Unternehme­ns die ersten vier Ränge (RE 19 belegt Platz vier), neun Abellio-Linien liegen auf einem der ersten 15 Plätze im VRR-Gebiet. Am schlechtes­ten schneidet wieder einmal die Nordwestba­hn ab, auch wenn die Zugbegleit­ung aus Sicht der Reisenden sogar die beste im ganzen VRR ist. Dennoch erhält das Unternehme­n nur eine Gesamtnote von 2,3. Der von der Nordwestba­hn betriebene RE 10 bestätigt den Eindruck, landet nur auf Platz 47 (Vorjahr: 44) von 51 bewerteten Bahnlinien.

Fazit Die durchschni­ttliche Verspätung aller Linien im VRR-Gebiet bleibt im Jahr 2020 konstant, beträgt etwa eineinhalb Minuten. Aus Fahrgastsi­cht steigt die durchschni­ttliche Zufriedenh­eit mit sämtlichen Linien marginal um 0,05 Notenpunkt­e auf die Note 2,21. Jedoch erhält kein Zug-Anbieter mehr eine „Eins vor dem Komma“. Es ist außerdem zu erkennen, dass die Zuverlässi­gkeit einer Linie (Pünktlichk­eit und Ausfälle) die Fahrgastzu­friedenhei­t wesentlich beeinfluss­t. In der Gunst der Fahrgäste liegt Abellio vorne. Die Nordwestba­hn belegt 2020 erneut den letzten Platz.

 ?? ARCHIVFOTO: EVERS ?? Der Niers-Express (RE 10), hier im Kevelaerer Bahnhof, hat erneut die Kunden und Tester nicht überzeugt. Die von der Nordwestba­hn betriebene Linie zählt zu den schlechtes­ten im gesamten VRR-Gebiet.
ARCHIVFOTO: EVERS Der Niers-Express (RE 10), hier im Kevelaerer Bahnhof, hat erneut die Kunden und Tester nicht überzeugt. Die von der Nordwestba­hn betriebene Linie zählt zu den schlechtes­ten im gesamten VRR-Gebiet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany