Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Ziel muss sein, noch Sechster zu werden
Der frühere Borusse sagt, worauf es im Saison-Endspurt ankommt für Marco Rose und sein Team.
Vor 50 Jahren ist Borussia zum zweiten Mal Meister geworden, es gab den Pfostenbruch und den Büchsenwurf – das ist echte Tradition. Und diese Tradition, die ganze Geschichte des Klubs, die ist für die aktuellen Borussen eine Verpflichtung. Gladbach ist nicht irgendein Verein, sondern etwas Besonderes, das muss jeder wissen, der das Trikot mit der Raute trägt. So habe ich es selbst auch empfunden, als ich Spieler in Gladbach war. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass man jedes Spiel gewinnt. Aber es geht darum, immer zu zeigen, dass man alles für Borussia gibt. Dass man ein echter Borusse ist.
Genau das müssen die Spieler, aber auch der Trainer jetzt tun: Sie müssen zeigen, dass sie Borussen sind, in jeder Minute, die die Saison noch dauert. Das klingt vielleicht pathetisch, aber daraus kann und muss man Motivation ziehen. Und es geht auch um den Anspruch der Fans. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, wie groß die Emotionen sind bei den Menschen, die es mit Borussia halten.
Dass die Entscheidung von Marco Rose, zu Borussia Dortmund zu gehen, die Leute aufregt, ist darum nachzuvollziehen. Es kommt bei den Fans so rüber, dass Borussia für ihn ein Trittbrett war, bei den Leuten kommt an: Borussia ist zu klein. Aber das ist sie nicht. Das ganze Theater darum hat dem Klub und dem Team geschadet, so etwas sollte in Zukunft nicht mehr vorkommen. Gladbachs Mannschaft ist noch nicht so stabil, so eine Unruhe etwas wegzustecken.
Natürlich kann man diskutieren, ob es richtig ist, einen Trainer zu holen, der so eine Klausel im Vertrag haben will, aber das ist jetzt müßig, ebenso wie die Debatte, ob Rose noch der richtige Trainer ist. Max Eberl hat es so entschieden und nun gilt es, nach vorn zu schauen und aus der Situation in den letzten acht Spielen das Beste herauszuholen.
„Jlabbach is Jlabbach“, so sagt man am Niederrhein, und das muss jetzt der Leitfaden sein für alle. Trainer und Mannschaft haben etwas gutzumachen nach der Niederlagenserie, darauf kommt es jetzt an. Und da ist es mit dem Sieg gegen die desolaten Schalker nicht getan, ganz ehrlich. Das war ein Pflicht-Dreier, der natürlich gut tut. Aber jetzt muss mehr kommen, eine Serie. Das Ziel muss ganz klar sein, noch Sechster zu werden und Europa zu erreichen.
Man muss sich immer das größtmögliche Ziel setzen. So war Borussia früher und so muss es auch heute sein. Die Jungs müssen sich sagen: ,Durch das ganze Theater haben wir die Champions-League-Qualifikation in dieser Saison versaut, aber wir wollen international spielen. Das sind wir dem Klub schuldig. Wir werden es jetzt allen zeigen!’ Das Team ist von Max Eberl, Rainer Bonhof und den anderen Entscheidern gut zusammengestellt, es hat die Qualität, die Europapokal-Plätze zu erreichen,
das hat es in der Vergangenheit mit Trainer Rose schon gezeigt. Und das müssen sie jetzt wieder tun.
Warum nicht in der Kabine einfach ein paar Bilder von den tollen Europa-Abenden aufhängen und damit das Ziel vor Augen führen? Solche Erlebnisse will man wieder haben, so schnell wie möglich, und so lange die Chance besteht, sich das irgendwie zu holen, muss man alles dafür tun. Es geht darum, verspielten Kredit zurückzuholen und die Saison zu einem guten Ende zu bringen – für alle!
Eines sollte man nicht vergessen: Marco Rose hatte seinen Erfolg in Gladbach, er hat Borussia in die Königsklasse geführt. Darum wünsche ich ihm, dass er sich gut verbschiedet. Ich glaube schon, dass die Fans milde gestimmt werden, wenn sie spüren, dass die Einstellung stimmt. „Wir sind Borussia“, das muss die Botschaft sein. Wie sagt man in Gladbach: „Lot jonn!“ Winfried Schäfer (71) spielte von 1968 bis 1970 sowie 1977 bis 1985 insgesamt 263-mal für Gladbach. Er wurde 1970 Meister mit Borussia und gewann 1979 den Uefa-Cup mit Gladbach. Schäfer gehört zum Kolumnisten-Kreis, der in dieser Saison für unsere Redaktion exklusiv über Themen rund um Borussia schreibt.