Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Borussias Spielglück ist eine Seltenheit

- VON THOMAS GRULKE

Am Samstag zählte das späte 2:2 für Freiburg nicht. Gladbach ist diese Saison eher an bittere Schlusspha­sen gewöhnt.

Der Jubel glich dem bei einem Torerfolg. Als Schiedsric­hter Christian Dingert mit seinen Händen das Zeichen für den Videobewei­s zeigte und dann auf Abseits entschied, ballten die Borussen die Fäuste und schrien ihre Freude heraus. Sekunden vor Schluss hatte Keven Schlotterb­eck zum vermeintli­chen 2:2 für den SC Freiburg getroffen, doch im Verlauf des Angriffs hatte Lucas Höler den Ball aus einer Abseitspos­ition heraus zugespielt bekommen. Nach Interventi­on des Videoschie­dsrichters zählte der Treffer nicht – und Borussia hatte nicht erneut eine leidvolle Erfahrung mit einem späten Gegentor gemacht.

Denn das, was da in der fünften Minute der Nachspielz­eit gegen Freiburg passierte, kennen die Borussen in der laufenden Saison nur allzu gut. Schon mehrmals bekamen sie in den Schlussmin­uten entscheide­nde Gegentore, die Punkte kosteten. Beispiele gefällig? In der Champions League kassierte Gladbach sowohl bei Inter Mailand (90.) als auch gegen Real Madrid (90.+3) spät das 2:2, in Stuttgart gab es in der 96. Minute einen Elfmeter, den der VfB zum 2:2 nutzte, und in Leipzig setzte es in der 93. Minute den 2:3K.o., nachdem Gladbach schon 2:0 geführt hatte. Darüber hinaus gab Borussia gerade zu Hause mehrfach noch in der Schlusspha­se knappe Führungen aus der Hand.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Borussia auch schon spätes Glück beschieden war: So machte Lars Stindl mit einem Doppelpack in der Nachspielz­eit aus einem 1:3 noch ein 3:3 bei Eintracht Frankfurt. Nun gegen Freiburg bezog sich das Spielglück aber mal auf ein Tor, das eben nicht fiel – dank Hölers Bein, das zum Zeitpunkt des Abspiels ein Stück näher dem Borussen-Tor war als die Hacke des Mönchengla­dbacher Rechtsvert­eidigers Stefan Lainer.

„Wir haben am Ende nochmals zittern müssen, das gehört in dieser Saison wohl dazu“, sagte Trainer Marco Rose nach dem glückliche­n Ausgang der Freiburg-Partie. Er ist sich bewusst, dass die Defensive nicht immer den sichersten Eindruck gemacht hat. Des Öfteren hatte das letzte Quäntchen Konzentrat­ion und Abgeklärth­eit gefehlt, um den späten Ausgleichs­treffer zu verhindern. Nicht alles ist eben mit fehlendem Spielglück zu erklären – zumal ja auch im umgekehrte­n Fall der Spruch des Fußballtra­iners Hermann Gerland gilt: „Immer Glück ist Können.“

Gerade in der Hinrunde der ersten Rose-Spielzeit hatte Borussia häufiger das „Glück“des späten eigenen Treffers. In der Europa League gelang gleich dreimal in Folge – in Istanbul sowie zweimal gegen Rom – ein wichtiges Tor in der Nachspielz­eit. Und auch den Liga-Sieg gegen die Bayern (2:1) schoss Ramy Bensebaini per Foulelfmet­er in der 92. Minute heraus. Moral, Selbstvert­rauen und Erfolgshun­ger – all das waren Faktoren, die mit Roses Mannschaft angesichts der späten Erfolgserl­ebnisse in Verbindung gebracht wurden. Dann folgten ein 1:2 in letzter Minute daheim gegen Basaksehir, womit Borussia in der Gruppenpha­se der Europa League ausschied, und ein 1:2 kurz vor Schluss in der Liga beim VfL Wolfsburg – auch in der Spielzeit 2019/20 lernte Gladbach den Schmerz der bitteren Punktverlu­ste kennen.

Jetzt gilt es indes, sich wieder häufiger das Glück des Tüchtigen zu erarbeiten, um die Saison noch zu einem positiven Ende zur bringen. Das knappe 2:1 gegen Freiburg war da ein guter Anfang, denn die Borussen hatten in der zweiten Halbzeit eine klare Leistungss­teigerung gezeigt, ehe sie in den Schlusssek­unden den Videoschie­dsrichter benötigten. „Es war eine klare Abseitspos­ition“, sagte Rose zwar. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Borussia das Gegentor nicht verhindert hätte, wäre Höler bei der Entstehung den einen halben Schritt schneller aus dem Abseits gelaufen.

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FOTO: IMAGO Das magische Quadrat: Schiedsric­hter Christian Dingert zeigt, dass das Freiburger 2:2 nicht zählt. Es blieb beim knappen Erfolg der Gladbacher.

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