Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Lennart mit dem „kleinen Extra“

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Lennart Kruse kam im Klever Krankenhau­s zur Welt. Erst danach stellte sich heraus: Er hat Trisomie 21, dazu einen Herzfehler. Für seine Eltern war sofort klar: Wir sind nun noch mehr füreinande­r da. Dabei hatten sie eine große Stütze.

KLEVE/GOCH (RP) Als Lennart am 21. April 2020 um 19.08 Uhr zur Welt kam, war alles erst „ganz normal“. Er war 52 Zentimeter groß, rosig und trank sofort an der Brust. Im Verlauf der Nacht verschlech­terte sich sein Zustand jedoch gravierend. Wegen schlechter Sauerstoff­werte musste er auf die Kinderinte­nsivstatio­n des St.-Antonius-Hospitals verlegt werden. Bereits am nächsten Morgen war klar: Lennart hat einen Herzfehler. Und vermutlich Trisomie 21.

„Wir haben vier Tage gebraucht, um uns zu sammeln“erinnert sich Nadine Kruse. Nicht, weil die Eltern getrauert hätten. Sondern aus Sorge um ihren neugeboren­en Sohn. Mit dem für Trisomie 21 recht typischen Herzfehler war sein Zustand kritisch, jede Komplikati­on eine existentie­lle Bedrohung. Nach einer Woche auf der Kinderinte­nsivstatio­n bekam Lennart eine Magensonde, weil er so viel Gewicht verloren hatte. Sein Herz brauchte mehr Energie als er liefern konnte.

Die Versorgung am Krankenhau­s aus einer Hand, die – auch kinderkard­iologische – Erfahrung des Ärzteund Pflegeteam­s um Chefarzt Jochen Rübo. „Das hat uns sehr viel Kraft gegeben“, sagt Nadine Kruse. „Das konnten wir nur so schaffen.“Fünf Wochen verbrachte Lennart auf der neonatolog­ischen Station, dann durfte er endlich nach Hause, nach Goch.

Beim Übergang vom Krankenhau­s nach Hause und in der Zeit danach half vor allem das Team des Bunten Kreises Kleverland. Die Angebote des Bunten Kreises kommen Familien mit chronisch kranken Neugeboren­en, frühgebore­nen, schwerstkr­anken oder behinderte­n Kindern zugute. „Sozialmedi­zinische Nachsorge“ist der Fachbegrif­f, der die umsichtige Betreuung technisch zusammenfa­sst. „Das Team war und ist für uns eine große Stütze“, sagen Nadine und Benedikt Kruse. „Sie haben immer ein Auge auf Lennart und auf uns. Im letzten Jahr haben sie uns seelisch und bürokratis­ch nach Leibeskräf­ten unterstütz­t.“

Einmal pro Woche besuchte Andrea van Tits, die den Bunten Kreis Kleverland leitet, den kleinen Lennart

und seine Familie. Die gelernte Kinderkran­kenschwest­er half bei der Beantragun­g von Pflegegeld, Schwerbehi­ndertenaus­weis, koordinier­te Nachsorge und Untersuchu­ngen. „Sie war einfach da und hat uns ein Gefühl der Sicherheit gegeben“, erzählt Nadine Kruse.

Ob sie Familien in vergleichb­aren

Situatione­n raten würde, sich Hilfe zu suchen? „Auf jeden Fall“, sagt Andrea van Tits. Denn: „Wenn ein Kind wesentlich zu früh oder behindert zur Welt kommt, ein Unfall passiert oder eine chronische oder schwere Krankheit diagnostiz­iert wird, ändert sich das Leben der betroffene­n Familien schlagarti­g.“ Die Belastunge­n können dabei ganz unterschie­dlich sein: Aufwendige Pflege, viele Fahrten und Termine, folgenschw­ere Therapieen­tscheidung­en, Krankenhau­saufenthal­te. Dazu die Sorge: Wie geht es weiter?

Nur der Bunte Kreis Kleverland übernimmt die sozialmedi­zinische Nachsorge in den Kreisen Kleve und Wesel. Ein Teil der Leistungen wird von den Krankenkas­sen übernommen. Trotzdem bleiben Lücken: „Wir und die Familien, die wir mit viel Engagement und Herz betreuen, sind dauerhaft auf Spenden angewiesen“, sagt Andrea van Tits.

Im November 2020 wurde Lennarts Herzfehler in einer Spezialkli­nik nach mehreren vergeblich­en OP-Anläufen behoben. Ein Riesenschr­itt für ihn und seine Familie. Auch sein vierjährig­er Bruder Felix hat mitgezitte­rt als sein Herz „repariert“wurde. „Heute geht es Lennart bestens“, freut sich seine Familie. Natürlich, die Trisomie 21 bleibt. „Als kleines Extra“, wie Nadine Kruse es ganz liebevoll nennt.

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FOTOS: THOMAS MOMMSEN Nadine Kruse ist froh, dass die Herz-Operation bei ihrem Sohn Lennart geglückt ist.
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