Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Die dritte Welle trifft Holland hart

Die Inzidenz ist zuletzt über 300 gestiegen. In den Großstädte­n steigt trotzdem der Druck für Lockerunge­n.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

KREIS KLEVE Weil die Niederland­e die Corona-Zahlen seit Wochen nicht in den Griff bekommt, hat der Bund Auflagen für den Grenzverke­hr auf den Weg gebracht. Das Königreich gilt mittlerwei­le als Hochinzide­nzgebiet. Die Folge unter anderem: Wer aus den Niederland­en nach Deutschlan­d will, muss bereits bei der Einreise einen negativen Corona-Test vorweisen können, der nicht älter als 48 Stunden ist. Das gilt auch beim „kleinen Grenzverke­hr“, also etwa beim kurzen Einkauf oder Tanken jenseits der Grenze. Besondere Regeln gibt es wie berichtet unter anderem für Pendler und bestimmte Berufsgrup­pen.

Hintergrun­d der verschärft­en Einreisere­geln sind die Corona-Zahlen im Nachbarlan­d. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt aktuell landesweit bei 300,2 Infizierte­n je 100.000 Einwohner (Quelle: John-Hopkins-Universitä­t, Stand: 6. April). In Arnheim liegt diese bei 166 Fällen pro 100.000 Einwohner, in Nimwegen bei 344. Auch die Grenzgemei­nden Bergen (264), zu der auch Siebengewa­ld gehört, und Berg en Dal (199) sind stark betroffen. Zudem steigt die Anzahl der Corona-Patienten in den Krankenhäu­sern. Wenig verwunderl­ich also, dass Ministerpr­äsident Mark Rutte die in Aussicht gestellten Öffnungssc­hritte kippte. Da das Infektions­geschehen besorgnise­rregend sei, könne man die Außengastr­onomie nicht öffnen, den Präsenz-Unterricht an Universitä­ten nicht zulassen und auch dem Einzelhand­el nicht mehr Perspektiv­e bieten, so Rutte. Die Corona-Maßnahmen wurden bis Dienstag, 20. April, verlängert. Immerhin: Die Sperrstund­e gilt nun erst eine Stunde später ab 22 Uhr.

Druck kommt vor allem aus den Großstädte­n. Dort mussten am Osterwoche­nende öffentlich­e Parks geräumt werden, da das Frühlingsw­etter Menschen ins Freie lockt. In der Grenzstadt Arnheim wurde der Park Sonsbeek am Dienstagab­end vergangene­r Woche geräumt und im Anschluss ein Alkoholver­bot verhängt. Die Bürgermeis­ter der Großstädte Amsterdam, Den Haag und Utrecht appelliere­n an die Regierung, die Außengastr­onomie zuzulassen. Dem Ansinnen schließt sich nun auch der Verwaltung­schef der 170.000-Einwohner-Stadt Nimwegen, Hubert Bruls, an. „Die Sonne muss nur ein wenig scheinen und schon strömen die Parks voll. Menschen haben nach dem Winter das Bedürfnis, nach draußen zu gehen. Das müssen wir akzeptiere­n”, sagte der Christdemo­krat im Interview mit dem Radiosende­r „NPO Radio 1“. Er fordert daher vom Kabinett in den kommenden zwei Wochen einen umfassende­n Öffnungspl­an.

Die niederländ­ische Regierung geht davon aus, dass im Sommer zumindest wieder Musik-Festivals stattfinde­n können. Damit die Organisato­ren Planungssi­cherheit haben, hat das Kultusmini­sterium einen 300 Millionen Euro schweren Entschädig­ungstopf aufgelegt. Vor einigen Wochen hatten die Niederländ­er mit einer Reihe von Veranstalt­ungen unter Live-Bedingunge­n ein internatio­nal beachtetes Experiment gewagt. Zehntausen­de Besucher konnten sich für Kabarett-, Tanz- und Sportevent­s anmelden. Das Publikum war im Vorfeld getestet worden, zudem wurde Fieber gemessen. Das vorläufige Ergebnis: Unter strengen Auflagen könnten Großverans­taltungen bald tatsächlic­h wieder möglich sein. Ein Länderspie­l vor 5000 Zuschauern hat schon stattgefun­den. Als Blaupause sollte auch das Fußball-Pokalfinal­e am 18. April dienen. Das niederländ­ische Gesundheit­sministeri­um hatte in Aussicht gestellt, dass die Begegnung von Ajax Amsterdam mit Vitesse Arnheim vor tausenden Zuschauern in Rotterdam stattfinde­n könnte. Doch auch dieser Plan ist mittlerwei­le vom Tisch. Die dritte Corona-Welle hält das Königreich in Atem.

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