Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Mit DAB+ wird das Radio digital
Im Auto wird es zum Standard, zu Hause ist es eine Alternative zum Internetradio. Experte Johannes Quinders aus Walbeck erklärt die Vor- und Nachteile der Technik.
WALBECK Die Digitalisierung trifft auch die Radiowelt. Neben den klassischen Techniken wie UKW oder der kaum noch genutzten Mittelwelle gibt es vor allem das Internetradio, das Radiosender aus aller Welt ins Wohnzimmer holt. Doch auch DAB+ verspricht ein breiteres Angebot in guter Qualität. Unsere Redaktion sprach mit Johannes Quinders vom Fachgeschäft Radio Fernsehen Quinders in Walbeck über die Vorund Nachteile der Technik.
Warum gibt es DAB+? Die Technik soll einen störungsfreien mobilen Radioempfang, eine große Auswahl regionaler Sender und vor allem ein umfangreiches Angebot an zusätzlichen Informationen anbieten. Das digitale Radio soll das analoge UKW-Radio in Zukunft ablösen. Bei der alten Ultra Kurz Welle kann nur ein Radioprogramm auf einer Frequenz von einem Standort abgestrahlt werden. Ein anderer Sender mit der gleichen Frequenz in seiner Reichweite (etwa 150 Kilometer) würde den Empfang erheblich stören. Die Bundesnetzagentur vergibt daher die Frequenzen in Abstimmung mit unseren Nachbarländern. Quinders: „Deshalb hat Antenne Niederrhein im Kreis Kleve zwei unterschiedliche Frequenzen, nämlich 98,0 MHz und 105,7 MHz.“Anders als bei UKW kann die neue Sendetechnologie mit einem Gleichwellennetz etwa 15 Radioprogramme auf einer Übertragungsfrequenz an mehreren Standorten gleichzeitig abstrahlen. Durch viele kleine Sender und die kleinmaschige Abdeckung können geographische Besonderheiten wie Berge und Täler besser ausgeglichen werden.
Was bedeutet DAB+? Digital Audio Broadcasting Plus, wie der Name ausgeschrieben lautet, ist eine neue Sendeart, die Töne, Text und Bilder terrestrisch und in digitaler Form überträgt. Dabei werden die Daten nicht analog durch Frequenzmodulation kodiert, sondern in einem digitalen Audioformat verschlüsselt beziehungsweise komprimiert. Bei der digitalen Übertragung werden die Töne in eine Zahlenkette gewandelt. Sollten bei der Übertragung Störungen durch andere elektrische Geräte mit empfangen werden, kann der Empfänger anhand der Zahlenkette die Musik ohne Störung reproduzieren. Ein UKW-Radio würde knacken oder rauschen. Ursprünglich verwendete DAB einen MPEG1Code und hatte eine höhere Datenübertragungsrate von 128 Kb/s (das sind 128000/8 = 16000 Zahlen pro Sekunde), klang jedoch durch die geringe Komprimierung nicht besser als gute UKW-Radios. Das Ziel war es, eine bessere Tonqualität bei gleichzeitig niedrigerer Datenübertragungsrate zu erreichen. Dies wurde erreicht, indem DAB um ein zusätzliches MPEG4-Kodierungsverfahren erweitert wurde und dadurch zum DAB+ geworden ist. Durch die MPEG4-Übertragung mit nur 80 kbit/s können nun noch mehr Sender in fast CD-Qualität auf einem Kanal übertragen werden.
Geht es nur um den Klang? Die zwei wichtigsten Besonderheiten neben der guten Qualität sind die zusätzlichen Infos, die gesendet und von speziellen DAB+-Empfangsgeräten empfangen und dekodiert werden können. Zusätzliche Informationen sind etwa Sendername und Sender-Logo, welche Sendung ist gerade zu hören, wer spricht oder singt gerade, genaue Uhrzeit wird übertragen, und manchmal erweiterte Verkehrsmeldungen.
Wie gefragt ist DAB+? Nach dem Misserfolg des Vorgängers DAB werden seit 2011 Nutzer zunehmend auf DAB+ aufmerksam. Die Beliebtheit steigt mittlerweile sehr deutlich an. So stieg die Anzahl der weltweit neuen DAB+-Nutzer mit 1,4 Millionen Neukäufen im Jahr 2018 auf 1,5 Millionen Neukäufe im Jahr 2019, was einem Zuwachs von 6,6 Prozent entspricht. In Deutschland hängt der Erfolg vor allem mit einem immer größeren Angebot an Sendern zusammen, die teilweise ausschließlich über DAB+ empfangen werden können. Im Auto ist DAB+ zum Standard geworden. Deutsche Autobauer sind seit Ende 2020 dazu verpflichtet, alle Radios im Neuwagen mit DAB+ auszustatten. Mit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes vom November 2019 setzte der Bund geltendes EU-Recht um.
Was kann ich mit DAB+ hören? Der mit rund 2,1 Millionen Hörern täglich beliebteste Sender ist das Deutschlandradio mit seinen Nachrichten und Kommentaren. Regional gibt es mittlerweile 260 kleine Sender in Deutschland, von denen 65 tatsächlich nur digital senden. Empfangen werden können in Nordrhein-Westfalen neben den öffentlich-rechtlichen Sendern wie 1 Live, WDR 2, WDR 3 WDR 4 WDR 5, WDR Maus, WDR Event, WDR Cosmo viele private Programme (Schwarzwaldradio, Radio Schlagerparadies, Radio Bob, Radio Horeb, Sunshine live und Klassik Radio). Johannes Quinders: „Wir im Grenzgebiet profitieren zudem von vielen niederländischen Sendern mit einem großem Musikangebot.“
Wo sind die Nachteile? Das gute alte UKW-Signal, zum Beispiel der WDR 2 auf 99,20 MHz mit einer Senderleistung von 100.000 Watt, wird in Langenberg abgestrahlt und erreicht fast jedes Radio in Geldern. Bei DAB+ wird der WDR 2 von Kleve, Dortmund und Düsseldorf auf 215MHz mit je 10.000 Watt gesendet und hat es manchmal schwer, Radios in dichter Bebauung ohne Außenantenne zu erreichen. Daher kann es sein, dass der Empfang in einigen Räumen nicht funktioniert. Quinders: „Das tritt in unserer Grenzregion schon mal auf. Am besten stellt man dann das Radio nahe beim Fenster auf oder schließt es an der Hausantenne an“.
Kann ich auf Dauer bei UKW bleiben? Für den UKW-Rundfunk gibt es ein Abschaltungsdatum in Deutschland noch nicht. Norwegen hat das landesweite UKW-Netz bereits 2018 abgeschaltet. Die Schweiz plant die Umstellung bis 2023. Trotzdem sollten neue Radios immer einen DAB+-Empfänger integriert haben. Dann kann man wählen, ob über 70 Radio-Sender in fast CD-Qualität besser sind als 15 UKW-Sender.