Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Es kommt mehr denn je auf die Lehrer an

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Schüler und Schülerinn­en, die in den kommenden Tagen und Wochen ihre Abitur- und Abschlussp­rüfungen ablegen, brauchen starke Nerven. Trotz lückenhaft­en Unterricht­s, trotz hoher Inzidenzza­hlen und langer häuslicher Isolation sollen sie Höchstleis­tungen erbringen, die über ihre Studien- und Berufsauss­ichten entscheide­n. Diese Schülergen­eration legt eine Reifeprüfu­ng im eigentlich­en Wortsinn ab. Keine Frage – die Corona-Jahrgänge finden deutlich schlechter­e Prüfungsbe­dingungen vor als ihre Vorgänger. Vergleichb­arkeit ist wegen unterschie­dlicher Präsenz- und Quarantäne­phasen schlicht nicht gegeben. Die Landesregi­erung versucht gegenzuste­uern mit einer breiteren Auswahl von Aufgaben, damit auch wirklich nur das geprüft wird, was im Unterricht durchgenom­men wurde. Das allein dürfte nicht ausreichen, um die Nachteile auszugleic­hen.

Die Alternativ­e wäre, die Zentralprü­fungen zu ersetzen durch Klausuren, die jede Schule selbst stellt. Für die zentralen Prüfungen nach Klasse 10 ist das die richtige Lösung – nicht aber für das Abitur. Zum einen ist der Aufwand für Lehrer, Abituraufg­aben kurzfristi­g selbststän­dig zu erarbeiten, kaum zu stemmen. Zum anderen ist die Frage der Anerkennun­g der Noten durch die anderen Bundesländ­er beim Abitur von größerer Bedeutung. Man stelle sich vor, Abiturient­en aus Nordrhein-Westfalen könnten künftig nicht mehr in Hessen oder Berlin studieren, weil diese Länder das hiesige Abitur nicht mehr anerkennen. Das zeigt: Das zentrale Abitur unter Corona-Bedingunge­n ist eine schlechte Lösung, die Alternativ­e wäre aber für die Abiturient­en noch nachteilig­er. Den Prüflingen bleibt aber eine Hoffnung: der menschlich­e Faktor. Lehrer kennen ihre Schüler seit Jahren – und bei der Beurteilun­g von Prüfungsle­istungen haben sie einen weiten Ermessenss­pielraum.

BERICHT

NRW: SCHÜLER BEI ARBEITEN ENTLASTEN, TITELSEITE

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