Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

In Nordrhein-Westfalen liegen 100.000 Impfdosen auf Halde

Chronisch Kranke können Impfzentre­n aufsuchen. Einschränk­ungen gibt es bei Partner-Impfungen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF (anh) Obwohl Corona-Impfstoff knapp ist, bleiben in Nordrhein-Westfalen viele Dosen liegen. In den Impfzentre­n liegen derzeit 100.000 Dosen auf Halde, wie Frank Bergmann, Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) Nordrhein sagte. Dabei handle es sich vor allem um Impfstoff von Astrazenec­a, für den es weniger Nachfrage gebe. Insgesamt würden rund fünf Prozent der Termine nicht angetreten. „Der Impfstoff auf Halde sollte so schnell wie möglich an die Praxen gehen“, forderte Bergmann.

„Wir haben mit einigen Tausend etwas mehr als eine Tagesdosis in den Kühlschrän­ken“, sagte Jürgen Zastrow, leitender Impfarzt in Köln. Damit gehe man nun in die Hotspots, die Problemvie­rtel der Stadt. Eine neue Astrazenec­a-Sonderakti­on würde er begrüßen: „Das machen wir bei Bedarf immer wieder gerne“, so Zastrow. Im Impfzentru­m Düsseldorf haben sich weniger über 70-Jährige angemeldet als erwartet. „Das führen wir auf die Möglichkei­ten bei den Hausärzten zurück“, so ein Sprecher der Stadt. Es werde aber kein Impfstoff weggeworfe­n, sondern man biete weitere Termine für Bürger mit Höherprior­isierung an. Auch in Mönchengla­dbach und im Rhein-Kreis Neuss greift man auf Reservelis­ten zurück. KV-Chef Bergmann erwartet, dass die Impfzentre­n bis Sommer überflüssi­g werden, weil dann nur noch Arztpraxen impfen: „Die Impfzentre­n werden sich ausschleic­hen.“

DÜSSELDORF Die Impfkampag­ne kommt in Schwung: Bundesweit wurden am Mittwoch 1,1 Millionen Impfungen gespritzt, allein in NRW 230.857. Das sei Rekord, so Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU). Am Mittwoch seien 1,3 Prozent der NRW-Bevölkerun­g geimpft worden. Damit lag das Impftempo im Land über dem Tagesschni­tt in den USA, wie Laschet prophezeit hatte. Insgesamt aber hängt NRW hinterher: Erst 7,3 Prozent der Bevölkerun­g sind vollständi­g geimpft, im Bundesschn­itt sind es 7,5 Prozent, in den USA mehr als 28 Prozent. Endlich gibt es eine Perspektiv­e für Kinder. Der Hersteller Biontech hofft bis Sommer auf eine Zulassung von Impfstoff für Kinder ab zwölf.

Kinder Biontech will in Kürze bei der EU die Zulassung für Kinder von zwölf bis 15 Jahren beantragen, wie eine Biontech-Sprecherin sagte. Schon jetzt ist Biontech für Jugendlich­e ab 16 zugelassen. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) geht davon aus, dass im Falle einer Zulassung Kinder dieser Altersgrup­pe eine erste Immunisier­ung spätestens in den Sommerferi­en bekommen könnten. Später soll auch die Dosierung für Jüngere getestet und zugelassen werden. Die Kinderärzt­e in Nordrhein warten nur auf den Startschus­s: „Sobald die Zulassung für den Impfstoff da ist, werden die Kinderärzt­e in Nordrhein nicht zögern, ihn zu verimpfen“, kündigte Frank Bergmann, Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KV), an. Bislang können sie nur Kinder über 16 impfen, denn nur für sie ist ein erster Stoff (nämlich der von Biontech) zugelassen. Zudem müssen die Kinder Teil einer Priorisier­ungsgruppe sein, das heißt etwa chronisch krank oder Bezugspers­on einer Schwangere­n.

Über 60-Jährige Neues gibt es in NRW auch für Ältere. Die Arztpraxen wollen bald damit beginnen, die über 60-Jährigen zu impfen, wie die KV ankündigte. In den Impfzentre­n ist das noch nicht erlaubt, hier muss erst das NRW-Gesundheit­sministeri­um grünes Licht geben. „Wir werden jetzt mit der Priorisier­ungsgruppe 3 anfangen“, kündigte Carsten König, Vizechef der KV Nordrhein und selbst impfender Arzt, an. In der Priorisier­ungsgruppe 3 sind Menschen über 60 Jahren sowie Personen aus Unternehme­n, die zur kritischen Infrastruk­tur zählen.

Über 70-Jährige Eine Verschlech­terung gibt es für diese Gruppe: Künftig können über 70-Jährige, die sich im Impfzentru­m impfen lassen wollen, nicht mehr ihren Partner mitanmelde­n, wenn dieser jünger als 70 Jahre ist. Das habe das NRW-Gesundheit­sministeri­um so entschiede­n, erklärte die KV. Es sei aber in Nordrhein weiter möglich, dass über 70-Jährige ihren über 70-jährigen Partner mit anmelden.

Chronisch Kranke Chronisch Kranke können sich künftig in Impfzentre­n impfen lassen, wie das Ministeriu­m entschiede­n hat. Das finden die Kassenärzt­e nicht gut und verweisen darauf, dass sie die Krankenges­chichte und Nöte ihrer Patienten am besten kennen. „Die chronisch Kranken können auch weiterhin in die Praxen kommen“, betonte König.

Prognose Die KV erwartet, dass bis Ende Juni 80 Prozent der Erwachsene­n in NRW einmal geimpft sein können. Das geht aus einer Prognose hervor, die die KV mit der Software des Kassenärzt­e-Instituts ZI auf Basis der Impfstoff-Lieferplän­e erstellt hat. Dafür müsste jede Praxis im Schnitt 100 Dosen pro Woche verimpfen. Verimpfen die Praxen nur 50 Dosen, wird es erst zum 1. August so weit sein. „Wir haben den Impfturbo gezündet“, sagte KVChef Frank Bergmann. Bald sollen auch die Fachärzte im großen Stil einbezogen werden. Bisher sind erst zehn Prozent von ihnen beteiligt.

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FOTO: DPA Die Impfstoff-Zulassung für Kinder steht noch aus.

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