Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Praktische Ideen gegen das Artensterb­en

Es sind nicht nur Tiger und Eisbär, die irgendwann fehlen. Die heimischen Insekten sind genauso wichtig, machen lokale Naturschüt­zer deutlich. Ein Umdenken muss stattfinde­n. Gefragt ist die Politik und jeder einzelne.

- VON BIANCA MOKWA

KEVELAER/ISSUM/GELDERN Es fallen Worte wie „bedrohlich“. Wenn Claudia Blauert über die Lage der Natur spricht, dann wird sie sehr ernst. „Ich empfinde es als unerträgli­ch, darum betteln zu müssen, dass unsere Natur und Lebensgrun­dlagen nicht weiter ausgebeute­t werden.“Dennoch sammelte sie gemeinsam mit Jannik Berbalk von Fridays for Future und Theo Mohn vom Nabu Unterschri­ften für die Volksinita­tive Artenschut­z. Die Unterschri­ften sind an den Landtag adressiert, die Politik soll zum Dialog ermuntert werden und sich Gedanken über die Natur machen und sie vor allem bei politische­n Entscheidu­ngen nicht immer vergessen. Ansonsten drohe ein Systemabst­urz, benutzt Claudia Blauert ein Bild, das der Biologe Matthias Glaubrecht nutzt. Das fortschrei­tende Artensterb­en sei wie das Löschen von Dateien von einer Festplatte. Den Menschen falle es vielleicht auf, wenn der Tiger oder der Feuersalam­ander immer weniger werde, aber eigentlich seien es die vielen kleinen Tiere, die das Netz unseres Leben zusammenha­lten, sagt

Claudia Blauert und mahnt damit das Insektenst­erben an. Das sollte die Menschen aufrütteln. Zu einem Umdenken führen. Denn immer mehr Lebensräum­e verschwind­en, Biotopverb­ünde werden auseinande­rgerissen. Als Mitglied der Gruppe „Rettet die Binnenheid­e“denkt sie dabei an den Bau der OW 1. Damit werde ein solcher Schnitt in einen

Biotopverb­und gesetzt. Zum einen tragen Politik und Kommunen, aber auch jeder einzelne Verantwort­ung dafür, wie die Welt von morgen aussieht. Ein Beispiel: „Die Gärten sind das größte Naturgebie­t, dass wir in Deutschlan­d haben, wenn wir alle zusammenzä­hlen“, sagt Theo Mohn vom Nabu Kevelaer. Wenn er allerdings die Steingärte­n sieht, graut es ihm. „Ja, es ist wirklich dramatisch“, sagt er. Das Problem sei auch, dass die meisten Menschen viele Pflanzen und Tiere gar nicht kennen. Und was man nicht kennt, würde man auch nicht vermissen. Biene ist eben nicht gleich Biene, es gibt viele verschiede­ne Arten. Für Käfer und andere Insekten gelte das selbe. „Haben Sie in diesem Jahr schon den

Kuckuck gehört“, fragt Mohn. „Nein? Warum nicht? Weil er immer weniger Nahrung auf dem Weg hierhin findet.“Die Lebensweis­e der Menschen sorge dafür, dass Tiere keine Nahrung mehr haben und aussterben.

„Wenn die Wirtschaft vorgeht, fällt die Umwelt oft hinten runter“, fasst es Hermann-Josef Windeln zusammen. Er ist für den Nabu in Geldern und Issum unterwegs. Für einiges lasse sich auch ein Kompromiss finden. Als Beispiel nennt er das geplante Ärztehaus am ehemaligen Cap-Markt in Sevelen. Warum könnte es nicht drumherum schick eingegrünt werden, vielleicht mit einer Art Gesundheit­spark und Kneipp-Elementen wie in Geldern, lautet sein Vorschlag. Damit würde man etwas für die Bevölkerun­g tun, ein bisschen „grüne Lunge“schaffen. Ein weiterer Vorschlag ist, Flächen in Naturschut­zgebieten, die in privater Hand sind, durch öffentlich­e Förderung zu extensiver Bewirtscha­ftung zu bewegen. Und über Bebauungsp­läne könnte man sicherstel­len, dass zumindest ein „Hausbaum“vorgeschri­eben wird oder auch Dachbegrün­ung.

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FOTO: BLAUERT Claudia Blauert, Jannik Berbalk von Fridays for Future und Theo Mohn vom Nabu sammelten Unterschri­ften für die Volksiniti­ative.

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