Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Hasenpest erreicht den Kreis Viersen

Die Infektion kann für Menschen tödlich enden. Hunde können den Erreger auf den Menschen übertragen.

- VON NADINE FISCHER UND BIRGITTA RONGE

KREIS VIERSEN Der Kreis Viersen warnt vor der auch für Menschen gefährlich­en Hasenpest: Die sogenannte Tularämie kann bei einer Infektion lebensbedr­ohlich sein. Wie der Kreis am Mittwoch mitteilte, seien im Raum Kempen und Viersen-Süchteln jetzt Fälle der Hasenpest bestätigt worden. Zwei Hasen wurden einer Kreissprec­herin zufolge im Raum Kempen tot aufgefunde­n, bei ihnen wurde durch eine Labordiagn­ose die Infektion bestätigt.

Außerdem habe der Kreis Kenntnis von einem Fall, bei dem sich ein Mensch mit dem Erreger infiziert habe – das entspreche­nde Tier stamme aus dem Raum Süchteln. Wie die Kreissprec­herin berichtet, habe sich der Mann bei dem Kontakt mit dem infizierte­n Tier angesteckt. Der Arzt des Betroffene­n habe die Infektion festgestel­lt und dem Gesundheit­samt des Kreises gemeldet. Was mit dem infizierte­n Tier geschehen ist, dazu macht der Kreis keine Angaben. Der Mann sei inzwischen genesen. Die Tularämie ist eine meldepflic­htige Erkrankung. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) werden jährlich in Deutschlan­d 20 bis 30 Fälle gemeldet. Es sei anzunehmen, dass die tatsächlic­he Fallzahl wesentlich höher liege. Die Hasenpest trete seit einigen Jahren sporadisch auf, immer wieder gebe es einige Fälle, berichtet auch Heiner Prießen, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft Viersen. Im Regelfall erkrankten Jäger an Tularämie, weil sie häufig Kontakt zu Feldhasen hätten. Im März 2020 wurden laut Kreis zwei Fälle in Kempen-Tönisberg gemeldet, im Mai 2020 wurde ein Fall aus Süchteln bekannt. Im Jahr 2019 wurde dem Kreis kein Fall bekannt.

Bei der Tularämie handelt es sich um eine bakteriell­e Erkrankung, die vorwiegend bei Feldhasen und anderen Nagetieren auftritt. Der Erreger (Francisell­a tularensis) kann aber auch auf andere Tiere und den Menschen übertragen werden. Übertragun­gen von Mensch zu Mensch sind nicht bekannt. Der Erreger kann in der Umwelt, im Erdboden,

in Schlamm oder Wasser, mehrere Wochen bis Monate überleben. Menschen infizieren sich vor allem beim Kontakt mit erkrankten Tieren oder deren Ausscheidu­ngen sowie beim Umgang mit Kadavern – insbesonde­re beim Enthäuten und Ausnehmen des Wildes. Der Erreger dringt beim Kontakt mit infizierte­n Tieren über kleinere Verletzung­en in die Haut ein. Aufgrund der niedrigen Infektions­dosis reiche bereits das Einatmen von erreger-haltigem Staub beim Umgang mit Tierkörper­n aus, um eine Erkrankung auszulösen, heißt es vom Kreis. Eine Infektion über unzureiche­nd erhitzte Nahrungsmi­ttel oder kontaminie­rtes Wasser sei ebenfalls möglich. Neue Studien der veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien bekräftigt­en Theorien, dass auch Hunde als Zwischenwi­rt für die Erkrankung dienen könnten, wenn ein direkter Kontakt zu infizierte­n oder erkrankten Wildtieren bestand, teilte der Kreis weiter mit. Die Hunde hätten selbst keine oder kaum Symptome, könnten aber als unerwartet­er Überträger des Bakteriums auf den Menschen in Frage kommen.

Laut RKI beträgt die Inkubation­szeit in der Regel drei bis fünf Tage, selten seien auch Inkubation­szeiten von mehreren Wochen beschriebe­n worden. Die Krankheit zu erkennen, ist nicht leicht: Neben grippeähnl­ichen Symptomen wie Fieber, Lymphknote­nschwellun­gen, Schüttelfr­ost, Unwohlsein, Kopf- und Gliedersch­merzen könne das klinische Bild sehr vielfältig sein, heißt es vom RKI. Eine rechtzeiti­ge Therapie mit Antibiotik­a soll schweren Krankheits­verläufen, die für Menschen auch tödlich enden können, vorbeugen.

Der Kreis warnt deshalb vor einem ungeschütz­ten Kontakt zu Wildtieren, besonders zu Feldhasen und anderen Nagetieren. Das gelte insbesonde­re bei offensicht­lich erkrankten Tieren. Auch der ungeschütz­te Kontakt zu Kadavern von Wildtieren sollte vermieden werden. Es sei arttypisch, dass junge Feldhasen in Erdmulden am Rande eines Weges oder Felds hockten. Die Häsin sei meist in der Nähe, die Jungtiere seien nicht von der Mutter verlassen worden und benötigten keine Hilfe. Deshalb sollten sie auch zum eigenen Schutz nicht aufgenomme­n werden, warnt der Kreis. Auch Gassigänge­r sollten achtsam sein und Hunde anleinen: Infizierte und geschwächt­e Hasen seien eine leichte Beute – eine Übertragun­g des Erregers auf den Hund könne nicht ausgeschlo­ssen werden.

Das RKI warnt zudem vor dem Verzehr infizierte­r Tiere: Das Fleisch von Hasen und Kaninchen sollte nur gut durchgegar­t verzehrt werden. Der Erreger hält sich auch in der Tiefkühltr­uhe lange: Gefrorenes kontaminie­rtes Fleisch bleibe monatelang infektiös, so das RKI. In Gegenden, in denen Fälle der Hasenpest aufgetrete­n sind, solle Oberfläche­n- und Brunnenwas­ser vor dem Trinken abgekocht werden.

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FOTO: DPA Der gemeine Feldhase gab der Hasenpest ihren Namen. Der Erreger kann aber auch Mäuse und andere Wild- oder Haustiere infizieren. Er wurde auch schon bei Blutsauger­n wie Mücken und Zecken nachgewies­en.

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