Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Mit Solarstrom Wasserstof­f erzeugen

- VON SEBASTIAN LATZEL

Es ist ein ehrgeizige­s Projekt in Kevelaer und Weeze: In einem Kieswerk in Hüdderath soll auf einer riesigen schwimmend­en Solaranlag­e Strom erzeugt werden. Dieser wird für die Produktion von Wasserstof­f genutzt.

WEEZE/KEVELAER Der Kreis Kleve und hier vor allem die Gemeinde Weeze scheinen sich immer mehr zu Klimaschut­z-Musterschü­lern der Region zu entwickeln. Am Flughafen steht bereits eine der größten Solaranlag­en landesweit, auf einem Kiessee in Vorsealer schwimmt eine riesige Photovolta­ikanlage und jetzt soll ein neues Projekt auch den Wasserstof­f entscheide­nd vorantreib­en.

Im Mittelpunk­t steht dabei erneut eine schwimmend­e Solaranlag­e. Die soll diesmal auf dem See in Hüdderath installier­t werden, der sich über 90 Hektar erstreckt. Etwa fünf Hektar der Wasserfläc­he sollen einmal die Solarmodul­e bedecken. Die Megaanlage wird mehr als sechsmal so leistungsf­ähig sein, wie das schwimmend­e Solarkraft­werk, das es bereits in Vorselaer gibt. Später sollen dort fünf Millionen Kilowattst­unden erzeugt werden, das könnte theoretisc­h den Energiebed­arf von 1000 Haushalten decken.

Doch das Projekt in Weeze und Kevelaer geht über die reine Stromerzeu­gung hinaus. Die grün erzeugte Energie soll nämlich nur zum Teil für den Betrieb des Kieswerks genutzt werden, der andere Teil soll mittels Elektrolys­e zu Wasserstof­f umgewandel­t und dann gespeicher­t werden.

Dieser Energieträ­ger steht weiteren Unternehme­n zur Verfügung. Zu den Abnehmern gehören Projektpar­tner Wystrach und andere Firmen wie beispielsw­eise Chefs Culinar. Die technische Umsetzung des Projekts wird von Omexom Smart Technologi­es unterstütz­t.

Vision der Zukunft ist, dass sogar eine Wasserstof­ftankstell­e entsteht, an der dann später Wasserstof­f-Autos den innovative­n Kraftstoff tanken können.

Noch ist das Zukunftsmu­sik, denn das ehrgeizige Projekt, das sich „Wasserstof­fimpuls Niederrhei­n“nennt, steht noch ganz am Anfang. Bei WIN, wie das Projekt kurz und knackig heißt, wollen die drei niederrhei­nischen Unternehme­n Teunesen Group, Omexom Smart Technologi­es und Wystrach gemeinsam grünen Wasserstof­f erzeugen und vermarkten.

„Wir wollen mit dem Projekt einen Beitrag zur CO2-Reduzierun­g und damit zum Klimaschut­z leisten“, betont Twan Teunesen vom Kiesuntern­ehmen Teunesen. „Wir freuen uns, dass sich drei regional ansässige Unternehme­n zusammentu­n, um gemeinsam ein innovative­s und zukunftswe­isendes Pilotproje­kt zu entwickeln“, so Hans-Josef Kuypers, Geschäftsf­ührer der Wirtschaft­sförderung Kreis Kleve.

Die Investitio­nssumme beläuft sich auf etwa elf Millionen Euro.

Man hofft darauf, dass das Projekt gefördert wird. „Aufgrund des Pilotchara­kters des Projekts haben wir entspreche­nde Fördermitt­el beantragt“, berichtet Jürgen Tarter von Teunesen. Da EU, Bund und Land solche zukunftswe­isenden Projekte unterstütz­en, gibt es verschiede­ne Fördertöpf­e.

Gebaut werden soll die riesige schwimmend­e Solaranlag­e auf dem Baggersee in Hüdderath, der auf den Gebieten der Kommunen Kevelaer und Weeze liegt. Wo sie später genau installier­t wird, ist noch offen. Eine schwimmend­e Photovolta­ikanlage hat den Vorteil, dass sie keine landwirtsc­haftlichen Flächen belegt. Zudem werden die Solarmodul­e und die Elektroins­tallatione­n auf natürliche Weise gekühlt, wodurch sie leistungsf­ähiger werden.

Teunesen stellte auch klar, dass die schwimmend­e Anlage kein Hindernis darstelle, um den See später vielleicht einmal touristisc­h zu nutzen.

Der innovative Charakter des Projekts liegt darin, dass Photovolta­ik, Elektrolys­e und Speicherun­g auf eine neue Art und Weise zusammenge­schaltet werden. Sonst gibt es oft das Problem, dass Strom zwar grün erzeugt, aber nicht gespeicher­t werden kann.

Da das Projekt auch Forschungs­potenzial berge, streben die Projektpar­tner eine wissenscha­ftliche Begleitung an. Das Zentrum für Brennstoff­zellen-Technik (ZBT) in Duisburg ist bereits im Boot und die Hochschule Osnabrück hat Interesse bekundet. Zudem laufen auch Gespräche mit der Hochschule

Rhein-Waal. Zurzeit wird der Genehmigun­gsantrag vorbereite­t. Der soll im kommenden Jahr eingereich­t werden. Läuft alles glatt, könnte 2023 die Genehmigun­g vorliegen und mit dem Bau der Anlage begonnen werden.

Bei der Vorstellun­g des Wasserstof­f-Projekts zeigten sich auch die Bürgermeis­ter der beteiligte­n Kommunen angetan. Er sei stolz darauf, so innovative Unternehme­n vor Ort zu haben, sagte Weezes Verwaltung­s-Chef Georg Koenen. Sein Amtskolleg­e aus Kevelaer ergänzte: „Es ist schön zu sehen, dass auch von der Wirtschaft Impulse in Richtung Klimaschut­z ausgehen. Das zeigt, dass das nicht nur ein Thema für die Grünen ist“, sagte Dominik Pichler.

Kreis-Wirtschaft­sförderer

Kuypers dem Wasser entstehe ein um bis zu zehn Prozent höherer Wirkungsgr­ad bei der Stromerzeu­gung. Es müssten keine landwirtsc­haftlichen Flächen genutzt werden. Das Wasser könne außerdem zur Kühlung verwendet werden.

freut es, dass hier verschiede­ne Unternehme­n ihre Köpfe zusammenge­steckt haben. Zusammen sei es auch leichter, an Fördermitt­el zu kommen. Ganz optimistis­ch rechnet er mit bis zu 1000 Arbeitsplä­tzen, die in Folge des Projektes in der Region entstehen könnten. Wie sehr die Wasserstof­fbranche bereits boomt, zeigt die Tatsache, dass allein bei Wytrach aktuell 36 Stellen offen wären.

Für Kuypers hat das Projekt auch noch einen weiteren Effekt. Wenn man sehe, was mit schwimmend­en Solaranlag­en auf Baggerseen möglich ist, mache das vielleicht auch die politische Diskussion um Auskiesung­en einfacher. Denn mit solchen Projekten zeige man, was mit den Flächen nach dem Abrücken der Bagger passieren könne.

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GRAFIK: MEDIAMIX So sieht das Konzept des Projekts in Kevelaer und Weeze aus.
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FOTOS: ASTRID POEPPEL, ERDGAS SÜDWEST Mit dem Strom soll Wasserstof­f für entspreche­nde Tankstelle­n erzeugt werden.
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Die Solaranlag­e Maiwald.

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