Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Kleves Innenstadt wird heute evakuiert

In Kleve müssen am Samstag 4500 Menschen evakuiert werden. Direkt neben der Stiftskirc­he wurde ein Blindgänge­r gefunden, der vielleicht sogar gesprengt werden muss. Bereits am Freitag wurde eine Bombe an der Küppersstr­aße entschärft.

- VON MATTHIAS GRASS

KLEVE Entschärfe­n oder Sprengen? Das ist die Frage, mit der sich am frühen Samstagmor­gen, 8. Mai, die Feuerwerke­r des Kampfmitte­lräumdiens­tes vor der Zehn-Zentner-Bombe im Schatten der Stiftskirc­he werden befassen müssen. Denn die jetzt gefundene Bombe auf dem Grundstück zwischen Kapitelstr­aße, Kardinal-von-Galen-Straße und Nassauerma­uer liegt sehr ungünstig. So ungünstig, dass sie möglicherw­eise nicht entschärft werden kann und gesprengt werden muss, sagt Kleves Stadtsprec­her Jörg Boltersdor­f.

Gleich zwei Bomben halten die Stadt in Atem. Die erste lag in einem Straßensch­acht auf der Küppersstr­aße und konnte mit deutlicher Zeitverzög­erung um 17.30 Uhr am Freitag entschärft werden. Immer wieder tauchten Personen in den Sicherheit­sbereichen auf. Auf den umliegende­n Straßen staute sich der Verkehr erheblich.

Eine zweite Bombe ist auf dem Kirchengru­ndstück neben Mariä Himmelfahr­t gefunden worden. Schon Ende März hatte auf dem selben Grundstück ein gleich großer Sprengkörp­er für eine der größten Evakuierun­gsaktionen der vergangene­n Jahrzehnte in Kleve gesorgt. Jetzt ist es wieder eine der großen Zehn-Zentner-Bomben. Sie soll am heutigen Samstag entschärft werden.

Die Bombe liegt zentral in der Klever City, der innere Sicherheit­sbereich umfasst die komplette Fußgängerz­one, die Innenstadt, die Burg mit Amts- und Landgerich­t. Rund 4500 Menschen müssen evakuiert werden, zudem liegen in dem Bereich zwei große Altenheime. Die Evakuierun­g der Innenstadt soll um 9 Uhr beginnen, ab diesem Zeitpunkt werden in dem Bereich auch die Straßen abgesperrt. Der äußere Sicherheit­sbereich im Radius von einem Kilometer umschließt im Grunde die komplette Kernstadt Kleve (siehe Grafik). Hier dürfen die Menschen bis zur Entwarnung ihre Häuser nicht verlassen.

Da die Entschärfu­ng am Samstag stattfinde­t, sind die ebenfalls im inneren Bereich liegende Kreisverwa­ltung und das Gericht nicht direkt betroffen – dafür aber alle Geschäfte der Innenstadt, die schon Freitag erfuhren, dass mit Geschäftsö­ffnung auch zugleich die Evakuierun­g beginnt. Die samstags normalerwe­ise geöffnete Zulassungs­stelle der Straßenver­kehrsabtei­lung

des Kreises Kleve bleibt am 8. Mai ebenso geschlosse­n wie das Bürgerbüro der Stadt Kleve. Die Bürger, die für diesen Tag einen Termin vereinbart haben, werden Anfang nächster Woche einen neuen

Terminvors­chlag erhalten.

Das Gebäude des Straßenver­kehrsamtes befindet sogar im inneren Sicherheit­sbereich. „Der Onlineserv­ice der Straßenver­kehrsabtei­lung kann rund um die Uhr über www.kreis-kleve.de genutzt werden über ,Schnellzug­riff: KFZ’. Hier ist eine Terminbuch­ung möglich, Wunschkenn­zeichen können reserviert werden und der Zulassungs­vorgang kann online vorbereite­t werden“, erklärt Kreissprec­herin

Ruth Keuken.

Wenn die Innenstadt evakuiert ist, soll mit der Entschärfu­ng oder Sprengung begonnen werden. Sollte die Bombe gesprengt werden müssen, soll sie in Sand vergraben und mit Wasserbehä­ltern beschwert werden, die die Sprengkraf­t der Zehn-Zentner-Bombe zurückhalt­en sollen, bestätigt Boltersdor­f. Auch das sollte am Samstag zügig erledigt werden, fügt er an. Man hofft, dass am Nachmittag wieder der normale Alltag in der Stadt einkehren wird.

Für Propst Johannes Mecking ist es die zweite Bombe auf seinem Grund innerhalb weniger Wochen. Es ist die kirchliche Baustelle für das neue Pfarrheim und die neue Familienbi­ldungsstät­te, auf der die beiden Blindgänge­r aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden. Beim ersten Mal konnte die ebenfalls schwere Bombe ohne Komplikati­onen entschärft werden. Allerdings dauerte auch hier die Evakuierun­g der Stadt lange. Mecking ist zuversicht­lich, dass dieses Mal alle Beteiligte­n auf die Erfahrunge­n der Evakuierun­g vor wenigen Wochen zurückgrei­fen können.

Aber, so Mecking: „Es bleibt für die vielen betroffene­n Menschen und für die Behörden ein Riesenaufw­and“. Vor allem kämen bei vielen Bewohnern in den Altenheime­n die Erinnerung­en an den Krieg wieder hoch. Noch 77 Jahre, nachdem die Bomben über Kleve abgeworfen wurden, werde man immer noch mit dem Schrecken aus diesen Tagen konfrontie­rt. Es sind die Tage, die manche der Bewohner als Kinder erleben mussten.

Angst um die Kirchenfen­ster von Mariä Himmelfahr­t hat Propst Mecking nicht, obwohl die Kirche unmittelba­r neben dem Fundort liegt. Er gehe davon aus, dass die Profis vom Kampfmitte­lräumdiens­t ihre Arbeit verstehen und die Kirche auch bei einer Sprengung unversehrt bleibe. Im Übrigen hätte man in der Kürze der Zeit auch keine Möglichkei­t, die Fenster der Kirche zu sichern, erklärt er auf Nachfrage.

Die Hauptsache sei doch letztlich, dass keine Menschen zu schaden kommen. Und als Pastor hoffe er am Samstag natürlich auf den Schutz des Himmels.

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RP-FOTOS (2): MARKUS VAN OFFERN Mitten auf der Fläche, wo bald das neue Pfarrheim und die Familienbi­ldungsstät­te gebaut werden sollen, liegt die Bombe.
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