Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Rochengift als Vorbild für die Medizin
Mit ihren Giften verteidigen sich Tiere gegen Feinde oder erlegen Beute. Sie könnten aber auch helfen, Krankheiten zu heilen und Schmerzen zu lindern. dpa
Ganz platt, so sieht der Körper von Stachelrochen aus. Häufig liegen die Tiere auf dem Meeresboden. Schwimmen sie umher, sieht es aus, als fliegen sie durch das Wasser. Stachelrochen können aber gefährlich werden. Sie haben einen langen Schwanz mit einem oder mehreren Giftstacheln. Damit verteidigen sie sich bei Gefahr. Genau für dieses Gift interessiert sich die Biologin Kim Kirchhoff. Sie möchte es für die Entwicklung neuer Medikamente nutzen. Um an Stacheln und damit auch an das Gift zu kommen, muss sie nicht selbst ins Wasser steigen oder gar einen Rochen ärgern. Die Stacheln für ihre Forschung werden ihr von Aquarien aus ganz Europa geschickt: Bis zu 40 Zentimeter sind die Stachelrochen-Stachel lang, glänzen leicht bräunlich und haben kleine Widerhaken.
Bevor die Forscherin die Stacheln aus dem Paket holt, zieht sie sich dicke Laborhandschuhe an. Vorsichtig schabt sie dann mit dem Skalpell das Gewebe vom Stachel ab. Darin sitzt das Gift. Wird ein Rochen angegriffen, schlägt er blitzschnell mit Schwanz und Stachel zu. Die scharfen Widerhaken sorgen für Wunden. Das Gift selbst ist sehr unangenehm. Es verursacht Schmerzen, stört den Blutkreislauf und lässt die Wunden stark bluten. Das alles schwächt den Angreifer so sehr, dass sich der Stachelrochen problemlos aus dem Staub machen kann und garantiert nicht verfolgt wird. „Das Rochengift wirkt schnell und genau. Deshalb wollen wir prüfen, ob wir es auch als Medikamente nutzen können.“Zuerst müssen dafür die Wirkung und der chemische Aufbau des Giftes untersucht werden: „Wir wollen herausfinden, wie das Gift genau aufgebaut ist und verstehen, warum das Gift so gut wirkt“, sagt Kim Kirchhoff. Erst wenn diese Rätsel geknackt sind, können die Forschenden das Gift künstlich nachbauen und die Wirkung anpassen. Das Ziel: Schmerzen bei Menschen lindern anstatt Schmerzen zu verursachen.