Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Auch die Kirche lebt von Akzeptanz

- VON HORST THOREN

Drei Seelsorger – einer evangelisc­h, zwei andere katholisch – machen Schlagzeil­en, weil sie wie Putin argumentie­ren. Dabei geht es nicht um Krieg und Frieden, wiewohl das friedvolle Miteinande­r infrage gestellt wird. Die drei Erzkonserv­ativen aus Köln und Bremen haben den Homosexuel­len den Kampf angesagt und sprechen gar von Verbrechen gegenüber Gott und der Kirche. Sie wollen zumindest moralisch verdammen, was in Russland mit Gewalt bekämpft wird: Das Ausleben der Sexualität jenseits der überliefer­ten Normen wird von ihnen als Sünde gebrandmar­kt. Das mag mit Verweis auf die Bibel begründbar sein, verkennt aber das Grundverst­ändnis von Liebe und Barmherzig­keit, das dem Christentu­m über die Zeiten Sinn und Stärke gegeben hat.

Da ist der Papst deutlich liberaler als Putin. Franziskus spricht sich gegen jede Form von Diskrimini­erung von Schwulen und Lesben aus. Der russische Präsident dagegen kennt keine Gnade. Bei den angeklagte­n Pfarrern scheint das ähnlich zu sein. Wenn jetzt im Berufungsp­rozess wegen Volksverhe­tzung der evangelisc­he Pastor in Bremen mit einem Freispruch davonkam, dann wird das mit dem Grundrecht auf Religionsf­reiheit begründet. Das mag trotz der Härte der Äußerungen rechtlich in Ordnung sein und könnte den Beklagten sogar als gutes Beispiel für den Wert von Toleranz dienen. Das Urteil fördert aber kaum die notwendige Einsicht, dass auch Religion dem Glück der Menschen dienen muss und ihre Repräsenta­nten mitten im Leben stehen sollten.

Wie gut, dass auch katholisch­e Bischöfe inzwischen abgesegnet haben, was in vielen Kirchen längst üblich ist. Die Zweisamkei­t homosexuel­ler Paare wird vor Gott anerkannt. Da fallen Aussagen wie die des Bremer Pastors („Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christophe­r Street Day“) aus Zeit und Rahmen. Auch konservati­vste Pfarrer müssen endlich akzeptiere­n: Vor Gott sind alle Menschen gleich.

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