Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
9,5 Milliarden Dollar mehr für die Ukraine
Deutschland beteiligt sich mit einer Milliarde Euro. Christian Lindner plädiert beim G7-Minister-Treffen für eine straffere Finanzpolitik.
KÖNIGSWINTER Die sieben führenden Industrienationen der Welt (G7Staaten) wollen die kriegsgeplagte Ukraine kurzfristig mit einer zusätzlichen Liquiditätshilfe in Höhe von 9,5 Milliarden US-Dollar (knapp neun Milliarden Euro) unterstützen. Insgesamt greifen die USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland dem von Russland überfallenen Land somit seit Jahresbeginn mit 19,8 Milliarden Dollar unter die Arme. In der Summe seien auch Gelder internationaler Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank enthalten, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zum Abschluss des G7-Finanzministertreffens auf dem Petersberg bei Bonn.
Mit dem Geld soll der ukrainische Staat seine laufenden Ausgaben — etwa Sozialleistungen, Renten und Beamtengehälter — in den kommenden Monaten finanzieren. Kiew hatte die Höhe seiner monatlichen laufenden Ausgaben für staatliche Leistungen mit rund fünf Milliarden Dollar beziffert.
US-Finanzministerin Janet Yellen hatte die Partnerstaaten vor dem Treffen aufgerufen, der Ukraine kurzfristig 15 Milliarden Dollar für die kommenden drei Monate zu geben. Und ging selbst in Vorleistung: Die USA steuern 7,5 Milliarden Dollar bei und damit die Hälfte der neuen Liquiditätshilfe. Das G7-Treffen blieb im Ergebnis zwar hinter dieser Erwartung Yellens zurück, Lindner zeigte sich dennoch sehr zufrieden. „Die Erwartungen wurden übererfüllt“, sagte er. Der IWF sei nach dem Treffen auf dem war. Diskutiert wurde auf dem Petersberg, inwiefern die im Ausland eingefrorenen Mittel des russischen Staates von rund 300 Milliarden Dollar beschlagnahmt und eingesetzt werden könnten, um den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. Lindner nannte dies eine „Option“, die auf dem Tisch liege. Er verwies aber darauf, dass es nicht darum gehen könne, privates Kapital russischer Oligarchen im Ausland zu enteignen, da es rechtlich besonders geschützt sei.
Die G7-Staaten seien entschlossen, die weltweite Inflation zu bekämpfen, betonte Lindner. Er habe auf die Unabhängigkeit der Notenbanken, aber auch auf ihre besondere Verantwortung hingewiesen. „Die Notenbanken sind sehr, sehr, sehr unabhängig, aber sie haben auch eine sehr, sehr große Verantwortung in dieser Zeit“, sagte Lindner – und drückte damit die Erwartung der Finanzminister auf baldige Zinserhöhungen aus. Bundesbankpräsident Joachim Nagel bekräftigte, der erste Zinsschritt der Europäischen Zentralbank könne im Juli kommen. „Ich begrüße ausdrücklich, dass ein Zinsschritt angekündigt ist“, sagte Lindner. Das sei auch wichtig, um den Euro-Außenwert gegenüber dem US-Dollar zu stabilisieren.
Lindner nutzte die Konferenz auf dem Petersberg, um sich die Rückendeckung der übrigen G7Länder für eine künftig straffere Finanzpolitik mit weniger kreditfinanzierten Ausgaben zu holen. Es sei jetzt nicht die Zeit, neue Subventionen zu erfinden, sagte Lindner. Das würde die Inflation nur weiter anheizen: „Jetzt ist es die Zeit, die Zügel der Finanzpolitik anzuziehen“, sagte er.