Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Windeln für den Klimaschutz
Die Stadt Kevelaer will einen Beitrag dafür leisten, dass weniger Abfall bei den Babys anfällt. Daher soll es einen Zuschuss für Mehrweg-Systeme geben. Das soll ein Anreiz für die Eltern sein, um „umzusteigen“.
KEVELAER Die Idee kam direkt von einem Elternpaar aus Kevelaer. Das schlug vor, dass die Stadt doch auch bei den Babys etwas für den Klimaschutz tun könnte. Denn pro Kind werden bis zum Trockenwerden im Alter von etwa drei Jahren bis zu 4500 Wegwerfwindeln benötigt. Dadurch produziert jedes Kind etwa 1000 Kilogramm Windelmüll. Eine unglaubliche Menge. Insgesamt machen Wegwerfwindeln deutschlandweit mit einem Anteil bis zu 10 Prozent die größte Einzelposition des Restabfalls aus. Wer selbst Kinder groß gezogen hat, weiß, dass die Restmülltonne mit einem Schlag nur noch halb so voll ist, wenn plötzlich die Windeln wegfallen.
Um diese enorme Abfallmenge zumindest etwas zu reduzieren, schlug das Paar vor, den Kauf von Mehrwegwindeln zu unterstützen. Andere Kommunen in der Umgebung wie Geldern oder Wachtendonk machen das schon.
Klar ist, dass es nicht einfach ist, Eltern zum „Umstieg“auf die Stoffwindel zu bringen. Denn 95 Prozent der Babys bekommen Wegwerfwindeln. Einmal schreckt der höhere Aufwand ab, zudem ist die Anschaffung eines Mehrwegsystems erst einmal eine erhebliche Investition. Die Stadt Kevelaer spricht von Kosten von 400 bis 800 Euro, je nach Hersteller.
„Die Gesamtkosten über die Wickelperiode liegen gegebenenfalls niedriger als bei Wegwerfwindeln. Dennoch stellt diese einmalige Investition oft ein Hindernis zu der Entscheidung für Mehrwegwindeln dar“, so die Stadt Kevelaer. Die Idee ist daher, den Kauf von Mehrwegsets zu fördern. „Vielleicht bekommt der ein oder andere durch den Zuschuss den Anschub, doch auf ein Mehrwegsystem umzusteigen“, so Pressesprecherin Lena Hanenberg. So sah es auch der Ausschuss für Klimaschutz, der einstimmig empfahl, das System zu unterstützen. Noch muss aber der Rat zustimmen.
Geplant ist, die Verwendung von Mehrwegwindeln zu fördern, indem ein einmaliger Zuschuss von 25 Prozent der Anschaffungskosten, maximal 100 Euro, pro Familie gewährt wird. Der Antrag kann bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes gestellt werden. Bezuschusst wird der einmalige Erwerb von neuen Mehrwegwindeln, Windeleinlagen und Windelhosen, die für Kinder bis zur Vollendung des dritten
Lebensjahres geeignet sind.
Hierbei geht es in erste
Linie darum, ein
Zeichen für den
Klimaschutz
mal ganz praktisch zu setzen. Denn die große Breitenwirkung wird das Projekt kaum haben, das glaubt auch die Stadt Kevelaer nicht. In Geldern etwa, das schon seit einiger Zeit auf dieses Modell setzt, werden zehn bis zwölf Anträge pro Jahr gestellt. Auch in Wachtendonk gibt es für Mehrwegwindeln einen Zuschuss. Es gibt 50 Prozent des Anschaffungspreises, höchstens aber 75 Euro. Die Resonanz
darauf ist eher mau. Seit der Einführung 2019 hat es gerade einmal vier Anträge auf Stoffwindel-Zuschuss gegeben.
Klar ist: Durch die Nutzung von wiederverwendbaren Stoffwindeln entfällt ein größerer Teil der Müllmenge. Zur Ökobilanz gibt es nur wenige und widersprüchliche Studien. Es kommt dabei vor allem auf die Eltern selbst an. Die Stadt ist optimistisch: Es sei davon auszugehen, dass Eltern, die auf Mehrwegwindel setzen auch einen hohen Anspruch an ihr eigenes nachhaltiges Handeln und die Ökobilanz hätten. Wiederverwendbare Stoffwindeln würden damit einen „wichtigen Beitrag zur Abfallvermeidung und ressourcen- und energiesparendem Handeln“darstellen.