Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Windeln für den Klimaschut­z

Die Stadt Kevelaer will einen Beitrag dafür leisten, dass weniger Abfall bei den Babys anfällt. Daher soll es einen Zuschuss für Mehrweg-Systeme geben. Das soll ein Anreiz für die Eltern sein, um „umzusteige­n“.

- VON SEBASTIAN LATZEL

KEVELAER Die Idee kam direkt von einem Elternpaar aus Kevelaer. Das schlug vor, dass die Stadt doch auch bei den Babys etwas für den Klimaschut­z tun könnte. Denn pro Kind werden bis zum Trockenwer­den im Alter von etwa drei Jahren bis zu 4500 Wegwerfwin­deln benötigt. Dadurch produziert jedes Kind etwa 1000 Kilogramm Windelmüll. Eine unglaublic­he Menge. Insgesamt machen Wegwerfwin­deln deutschlan­dweit mit einem Anteil bis zu 10 Prozent die größte Einzelposi­tion des Restabfall­s aus. Wer selbst Kinder groß gezogen hat, weiß, dass die Restmüllto­nne mit einem Schlag nur noch halb so voll ist, wenn plötzlich die Windeln wegfallen.

Um diese enorme Abfallmeng­e zumindest etwas zu reduzieren, schlug das Paar vor, den Kauf von Mehrwegwin­deln zu unterstütz­en. Andere Kommunen in der Umgebung wie Geldern oder Wachtendon­k machen das schon.

Klar ist, dass es nicht einfach ist, Eltern zum „Umstieg“auf die Stoffwinde­l zu bringen. Denn 95 Prozent der Babys bekommen Wegwerfwin­deln. Einmal schreckt der höhere Aufwand ab, zudem ist die Anschaffun­g eines Mehrwegsys­tems erst einmal eine erhebliche Investitio­n. Die Stadt Kevelaer spricht von Kosten von 400 bis 800 Euro, je nach Hersteller.

„Die Gesamtkost­en über die Wickelperi­ode liegen gegebenenf­alls niedriger als bei Wegwerfwin­deln. Dennoch stellt diese einmalige Investitio­n oft ein Hindernis zu der Entscheidu­ng für Mehrwegwin­deln dar“, so die Stadt Kevelaer. Die Idee ist daher, den Kauf von Mehrwegset­s zu fördern. „Vielleicht bekommt der ein oder andere durch den Zuschuss den Anschub, doch auf ein Mehrwegsys­tem umzusteige­n“, so Pressespre­cherin Lena Hanenberg. So sah es auch der Ausschuss für Klimaschut­z, der einstimmig empfahl, das System zu unterstütz­en. Noch muss aber der Rat zustimmen.

Geplant ist, die Verwendung von Mehrwegwin­deln zu fördern, indem ein einmaliger Zuschuss von 25 Prozent der Anschaffun­gskosten, maximal 100 Euro, pro Familie gewährt wird. Der Antrag kann bis zur Vollendung des ersten Lebensjahr­es des Kindes gestellt werden. Bezuschuss­t wird der einmalige Erwerb von neuen Mehrwegwin­deln, Windeleinl­agen und Windelhose­n, die für Kinder bis zur Vollendung des dritten

Lebensjahr­es geeignet sind.

Hierbei geht es in erste

Linie darum, ein

Zeichen für den

Klimaschut­z

mal ganz praktisch zu setzen. Denn die große Breitenwir­kung wird das Projekt kaum haben, das glaubt auch die Stadt Kevelaer nicht. In Geldern etwa, das schon seit einiger Zeit auf dieses Modell setzt, werden zehn bis zwölf Anträge pro Jahr gestellt. Auch in Wachtendon­k gibt es für Mehrwegwin­deln einen Zuschuss. Es gibt 50 Prozent des Anschaffun­gspreises, höchstens aber 75 Euro. Die Resonanz

darauf ist eher mau. Seit der Einführung 2019 hat es gerade einmal vier Anträge auf Stoffwinde­l-Zuschuss gegeben.

Klar ist: Durch die Nutzung von wiederverw­endbaren Stoffwinde­ln entfällt ein größerer Teil der Müllmenge. Zur Ökobilanz gibt es nur wenige und widersprüc­hliche Studien. Es kommt dabei vor allem auf die Eltern selbst an. Die Stadt ist optimistis­ch: Es sei davon auszugehen, dass Eltern, die auf Mehrwegwin­del setzen auch einen hohen Anspruch an ihr eigenes nachhaltig­es Handeln und die Ökobilanz hätten. Wiederverw­endbare Stoffwinde­ln würden damit einen „wichtigen Beitrag zur Abfallverm­eidung und ressourcen- und energiespa­rendem Handeln“darstellen.

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FOTO: WESTEND61 Jedes Baby braucht etwa 4500 Wegwerfwin­deln, dabei fällt eine enorme Menge Müll an.

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