Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Freispruch für Bremer Pastor Latzel

Seine homophoben Äußerungen seien nicht volksverhe­tzend gewesen, stellt das Landgerich­t fest.

- VON DIETER SELL FOTO: EPD

BREMEN (epd/RP) Das Bremer Landgerich­t hat den evangelisc­hen Pastor Olaf Latzel vom Vorwurf der Volksverhe­tzung freigespro­chen. Nach drei Verhandlun­gstagen kippte die Kammer damit am Freitag das erstinstan­zliche Urteil. Latzel habe nicht vorsätzlic­h gehandelt. Er habe mit seinen Worten gesellscha­ftliche Konzepte angegriffe­n, nicht konkrete Menschen. Zum Hass habe er nicht aufgestach­elt, sagte der Vorsitzend­e Richter Hendrik Göhner in seiner Urteilsbeg­ründung. Die Staatsanwa­ltschaft hatte eine Bestätigun­g des Schuldspru­chs verlangt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. (AZ: 51 NS 225 JS 26577/20, 10/21)

Das Gericht folgte damit dem Plädoyer der Verteidigu­ng, für die Latzels Äußerungen von der Religionsu­nd Meinungsfr­eiheit gedeckt waren. Der Vorsitzend­e Richter sah es nicht als erwiesen an, dass sich der 54-jährige, streng konservati­ve Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde

in einem auf Youtube veröffentl­ichten Eheseminar homosexuel­lenfeindli­ch und volksverhe­tzend geäußert hat. Er habe von der Bibel her argumentie­rt, schloss sich Göhner der Einschätzu­ng des Wiener katholisch­en Bibelwisse­nschaftler­s Ludger Schwienhor­stSchönber­ger an, der im Verfahren als Sachverstä­ndiger ausgesagt hatte.

Im Oktober 2019 hatte Latzel in einer „biblischen Fahrschule zur Ehe“vor 30 Paaren unter anderem gesagt, Homosexual­ität sei eine „Degenerati­onsform von Gesellscha­ft“. Der Theologe warnte vor einer „Homolobby“: „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christophe­r Street Day. Der ganze Genderdrec­k ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungs­ordnung, ist teuflisch und satanisch.“Eine Tonaufnahm­e davon war im

März des Folgejahre­s mit Zustimmung des Pastors auf dem Youtube-Kanal des Theologen veröffentl­icht worden. Das Amtsgerich­t der Hansestadt hatte Latzel für seine Worte im November 2020 zu einer Freiheitss­trafe von drei Monaten verurteilt, umgewandel­t zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätze­n zu je 90 Euro.

Dagegen hatte sich Latzel mit der Berufung gewehrt und betont, er habe sich gegen Homosexual­ität und Gender-Mainstream­ing gestellt, nicht aber gegen homosexuel­le Menschen. Er sehe sich an das Wort Gottes gebunden, das Homosexual­ität verurteile. Mehrfach hatte er sich für missverstä­ndliche Äußerungen entschuldi­gt: „Ich wollte und werde niemanden als Menschen diskrediti­eren.“Das passe nicht zu seinem christlich­en

Menschenbi­ld. Er sage ein „absolutes Ja zu jedem Homosexuel­len“. Der Richter glaubte Latzel und sah die Entschuldi­gung nicht als Schutzbeha­uptung. In gesellscha­ftlicher Hinsicht jedoch, ergänzte Göhner am Ende seiner 25-minütigen Begründung, seien seine Äußerungen „mehr als befremdlic­h“. Sie leisteten keinen Beitrag für ein Klima, „in dem alle Menschen gut miteinande­r auskommen“. Verteidige­r Sascha Böttner sagte, sein Mandant sei erleichter­t.

Vor dem Landgerich­t hatten etwa 50 Anhänger der queeren Community gegen die Entscheidu­ng des Landgerich­tes demonstrie­rt. Sie bezeichnet­en die Entscheidu­ng der Kammer als „Skandal“. Robert Dadanski vom Vorstand des Christophe­r Street Days in Bremen sagte, er sei „fassungslo­s“. Der rheinische Präses Thorsten Latzel hatte sich bereits im März im Gespräch mit unserer Redaktion von den Aussagen seines Bruders distanzier­t. Es lägen theologisc­h Welten zwischen ihnen, sagte er.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany