Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Die Schlacht um unsere Daten

Was wir online tun, bleibt nicht unbeobacht­et. Das Recht hilft nur bedingt.

- RICHARD GUTJAHR

Genau ein Jahr ist es her, dass Apple seine Ankündigun­g wahrmachte und einer Multimilli­arden-Dollar-Industrie den Krieg erklärte. Mit Einführung der App Tracking Transparen­cy (ATT) stellt der iPhone-Konzern seit Mai 2021 seine Kunden beim Öffnen einer neuen App vor die Wahl: Darf eine App die Aktivitäte­n ihrer Nutzer quer durch das Internet erfassen, also auch, wenn die jeweilige App gerade nicht benutzt wird?

Der Überwachun­gskapitali­smus aus dem Netz kennt keine Grenzen. Nichts, was wir online tun, bleibt unbeobacht­et. Ein Doktorande­nteam aus den USA hat 22.484 pornografi­sche Webseiten untersucht und ermittelt, dass 93 Prozent von ihnen Tracker einsetzen. 74 Prozent der Webseiten

sendeten Nutzerdate­n heimlich an Google, immerhin zehn Prozent der Porno-Tracker stammten von Facebook.

Zwar hat die EU mit Einführung der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) vor vier Jahren ein wegweisend­es und internatio­nal viel beachtetes Gesetzeswe­rk geschaffen, das den Verbrauche­rn die Hoheit über ihre eigenen Daten ermögliche­n soll. Doch was nutzen Gesetze, wenn die Einhaltung nicht überprüft wird und sogar massive Verstöße kaum geahndet werden? Es sagt viel über den Zustand der Politik, dass ausgerechn­et Apple, ein Industrieg­igant mit höchst eigener Agenda, jetzt die Rolle des staatliche­n Regulierer­s übernimmt und das tut, wozu Washington und Brüssel offensicht­lich nicht mehr in der Lage sind: dem systematis­chen Abfischen von sensiblen Nutzerdate­n einen Riegel vorzuschie­ben.

Wie hilflos staatliche Institutio­nen gegenüber diesen mächtigen MegaKonzer­nen sind, zeigt ein aktueller Rechtsstre­it. Anfang Mai hatte Facebook das Bundeskart­ellamt vor den Europäisch­en Gerichtsho­f gezerrt.

Der IT-Riese behauptet, die Bonner Behörde sei für die Kontrolle von Facebook nicht zuständig und habe mit ihren Ermittlung­en gegen das Unternehme­n ihre Kompetenze­n überschrit­ten. Dabei beruft sich Facebook ausgerechn­et auf die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung.

Unser Autor ist Blogger und Digitalexp­erte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.

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