Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Lambrecht stiftet erneut Verwirrung
Die Verteidigungsministerin spricht über ihre Kabinettskollegin Nancy Faeser.
BERLIN Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat derzeit nicht die beste Position im Bundeskabinett. Die SPD-Ministerin steht in der Kritik, die gewaltigen Aufgaben in ihrem Haus nicht tatkräftig genug anzupacken. Hinzu kamen zuletzt Debatten um die private Urlaubsreise nach Sylt, die die Ministerin mit ihrem Sohn in einem Hubschrauber der Bundeswehr unternahm. Das Interview, das Lambrecht am Freitag dem Nachrichtenportal T-Online gab, dürfte die Lage nicht verbessern – im Gegenteil.
Darin setzte Lambrecht die Annahme in die Welt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) 2023 in die hessische Landespolitik zurückkehrt. „Ich setze darauf, dass Nancy Faeser nicht nur Spitzenkandidatin wird, sondern auch die erste Ministerpräsidentin in Hessen“, sagte Lambrecht. Beide gehören dem hessischen Landesverband an, wobei Faeser zudem dessen Vorsitzende ist. Erst am 7. Mai war Faeser mit großer Mehrheit als Landesvorsitzende bestätigt worden.
Seit dem Wechsel nach Berlin ist das Gerücht in der Welt, Faeser wolle bei der hessischen Landtagswahl 2023 Regierungschefin werden. Anders als Lambrecht hat Faeser selbst diese Gerüchte bisher nie bestätigt. Und auch nach dem Wirbel um das Interview lässt die Innenministerin über ihren Sprecher mitteilen, dass sie ihr Amt „mit voller Kraft“führe und keine Absicht habe, daran etwas zu ändern: „Sie arbeitet konsequent daran, die innere Sicherheit in Deutschland zu schützen und die ambitionierte Innen- und Migrationspolitik der Ampelkoalition umzusetzen.“Sie habe wiederholt darauf hingewiesen, dass sich andere Fragen nicht stellten. Nun steht Aussage gegen Aussage. Wobei davon auszugehen ist, dass Faeser besser über ihre eigene berufliche Zukunft Bescheid weiß als Lambrecht.
Zu den Gerüchten, die seit Antritt der Bundesregierung kursieren, gehört auch, dass Lambrecht gern an die Spitze des Innenressorts gewechselt wäre. Dazu sagte sie im besagten Interview: „Es ist kein Geheimnis, dass ich mich immer für die Rechts- und Innenpolitik interessiert habe.“Zugleich trat sie Spekulationen entgegen, sie könne den Posten im Laufe dieser Wahlperiode wechseln: „Ich habe die Aufgabe der Verteidigungsministerin übernommen. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich übernommene Aufgaben auch erfülle.“Am Verteidigungsministerium habe sie überzeugt, dass sie hier viel bewegen könne.
Verändert hat sich mit Lambrechts Vorstoß wohl auch das Verhältnis zwischen den Ministerkolleginnen – mutmaßlich nicht zum Besseren. Jedenfalls lässt sich aus der Reaktion des Innenministeriums schließen, dass Lambrechts Einlassung nicht abgestimmt war.