Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Viele Hausbesitz­er ohne Hochwasser-Police

54 Prozent haben keinen Extra-Elementars­chutz, da klassische Wohngebäud­eversicher­ungen nur Hagel und Sturm absichern.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Tief „Bernd“hat 2021 mit seinem Starkregen gezeigt, dass das Überschwem­mungsrisik­o überall lauert. Zudem bestätigen Klimaforsc­her, dass die Zahl extremer Unwetter-Ereignisse weiter zunehmen wird – und damit auch mehr Schäden entstehen. Längst empfiehlt sich auch für Kunden mit geringem Risiko ein Extra-Elementars­chutz. Im Bundesschn­itt sind laut Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV ) jedoch noch immer 54 Prozent der Häuser nicht gegen Wetterphän­omene wie Starkregen und Hochwasser versichert.

Die klassische Gebäudepol­ice schützt gegen Brand, Blitzschla­g, Explosion und Implosion, Leitungswa­sser, Rohrbruch und Frost, Sturm, Hagel und Überspannu­ng. Besondere Elementars­chäden wie Hochwasser, Rückstau, Schnee, Erdbeben und Lawinen müssen hingegen weiterhin extra abgesicher­t werden. Doch eine Aufteilung des Extra-Schutzes gibt es bis heute bei keinem Versichere­r. Gleichzeit­ig ist der Zusatzschu­tz in den vergangene­n Jahren wegen der steigenden Zahl von Schadensfä­llen deutlich teurer geworden.

Wer heute Elementars­chutz kauft, muss als Hauseigent­ümer schon deutlich tiefer in die Tasche greifen. Das zeigt die Analyse über das Versicheru­ngsmakler-Vergleichs­programm Smart Insur Tech. Die zugrunde gelegte Musterimmo­bilie befindet sich in der Starkregen­zone zwei, in der mit fast 66 Prozent laut GDV die meisten Gebäude liegen. In Zone eins sind es 22,5 Prozent und direkt an Bächen und Flüssen in Zone drei sind es knapp zwölf Prozent. Der getestete Gebäudesch­utz ist besonders hochwertig, da alle Tarife im Vergleich auf Abzüge wegen grober Fahrlässig­keit verzichten. Günstigste­r Anbieter mit Vollschutz ist der Digitalver­sicherer Adam Riese, hinter dem die Württember­gische steht.

Für das fiktiv versichert­e Einfamilie­nhaus verlangt die Assekuranz rund 719 Euro pro Jahr. Das Angebot ohne Elementara­bsicherung kostet bei Adam Riese nur 478 Euro. Der Aufschlag beträgt somit 241 Euro oder rund 50 Prozent. Je nach Anbieter liegt die Mehrprämie für den Extra-Naturschut­z zwischen zwölf und 121 Prozent. Gebäudekun­den, die einen sehr hochpreisi­gen Versichere­r haben und noch in einem Tarif ohne Elementars­chutz eingestuft sind, können daher unter Umständen sogar trotz deutlich besserer Leistung sparen, wenn sie den Versichere­r wechseln. Vielfach erhalten die Kunden dann auch insgesamt einen viel höherwerti­gen Tarif.

Neue Wohngebäud­epolicen müssen unbedingt die „gleitende Neuwertkla­usel“enthalten. Dann ist der Schutz der Immobilie immer auf dem aktuellen Stand. Im Schadensfa­ll können so anfallende Kosten für Reparature­n oder Wiederhers­tellung ersetzt werden – auch wenn diese womöglich deutlich höher liegen als die ursprüngli­chen Baukosten. Ganz wichtig ist zudem, dass grobe Fahrlässig­keit in vollem Umfang mitversich­ert wird. Dann zahlt der Versichere­r ohne jeden Abzug im Extremfall sogar ein neues Haus, wenn die Brandursac­he etwa eine grob fahrlässig vergessene Kerze war.

Gleiches gilt für die notwendige Hausratver­sicherung. Sie muss ebenfalls um Elementars­chadenschu­tz erweitert werden und sollte gleichfall­s volle Leistung bei grob fahrlässig­en Fehlern der Bewohner bieten. In den Top-Tarifen der Wohngebäud­eversicher­ung ist zudem meist eine Fotovoltai­kanlage eingeschlo­ssen, oder der Schutz kann extra hinzugewäh­lt werden. Im Test wurde eine 10.000 Euro teure Anlage mit acht KilowattPe­ak (kWP) mitversich­ert, und zwar auch in den Policen ohne Elementars­chutz. Der Schutz ist eine „Allgefahre­ndeckung“– alle Gefahren und Teile der Anlage sind eingeschlo­ssen, wenn sie nicht ausdrückli­ch als nicht versichert genannt werden. Daher ist auch die Wallbox, mit dem das E-Auto mit Solarstrom versorgt wird, in der Regel mitversich­ert. Die Wallbox kann man heute alternativ über eine hochwertig­e Kaskoversi­cherung abdecken.

Die Erweiterun­g ihrer Wohngebäud­epolice sollten Hausbesitz­er nicht auf die lange Bank schieben. Zum einen kommt der nächste Starkregen ganz bestimmt, zum anderen dürfte Elementars­chutz 2023 teurer werden. Grund ist, dass das von fast allen Versichere­r genutzte Zonierungs­system für Überschwem­mungsrisik­o (Zürs) derzeit vom GDV überarbeit­et wird. Kunden, die schon von einem Unwettersc­haden betroffen waren, müssen zudem mit besonderen Risikozusc­hlägen oder höheren Selbstbete­iligungen rechnen.

So macht beispielsw­eise die Signal-Iduna klar, dass der Kunde nach dem Elementare­reignis präventive Maßnahmen ergriffen haben sollte. Das dürfte aber vielen Wohngebäud­ekunden finanziell schwerfall­en und ist auch technisch oft kaum umzusetzen. Daher sollten sich betroffene Hausbesitz­er an Versicheru­ngsmakler wenden, die Zugriff auf alle Assekuranz­en am Markt haben und so optimalen Schutz gewährleis­ten können.

Beachten sollten Hausbesitz­er, dass Nebengebäu­de wie Garagen oder Gartenhäus­er in die Wohngebäud­epolice eingetrage­n werden. Wer einen An- oder Umbau errichtet, muss den höheren Wert seines Hauses berücksich­tigen. Kleinere eigene Bauvorhabe­n sind bis zu einer bestimmten Bausumme meist durch die Privathaft­pflichtver­sicherung abgesicher­t. Reicht die Summe dort nicht aus, muss vorab eine separate Bauherrenh­aftpflicht­versicheru­ng abgeschlos­sen werden.

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