Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Fast jeder zehnte Arbeitslose muss mit Hartz IV aufstocken
BERLIN (mar) Fast jeder zehnte regulär Arbeitslose muss zusätzliche staatliche Hilfe beantragen, um finanziell über die Runden zu kommen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach waren im vergangenen Jahr 84.000 Bezieherinnen und Bezieher des regulären Arbeitslosengelds auf ergänzende Hilfe oder Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Das entsprach rund neun Prozent aller ArbeitslosengeldI-Bezieherinnen und -Bezieher. Das Ministerium bezieht sich in seiner Antwort auf die Daten der Bundesagentur für Arbeit.
Versicherte haben einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, solange sie bei der BA als arbeitslos gemeldet sind und sie vor Eintreten der Arbeitslosigkeit durch die Zahlung von Beiträgen an die Arbeitslosenversicherung Anwartschaften erworben haben. Die Höhe des Arbeitslosengeldes beträgt für kinderlose Versicherte 60 Prozent des letzten pauschalen Nettoentgeltes, bei einem
Kind steigt der Betrag auf 67 Prozent. Für Beschäftigte mit geringen und mittleren Einkommen bedeutet das oft, dass sie zusätzliche soziale Leistungen beanspruchen – also aufstocken – müssen.
2021 lag der durchschnittliche Zahlbetrag von Arbeitslosengeld I an Pflichtversicherte bei rund 1072 Euro, so das Ministerium. Schon dieser Betrag lag damit gut 100 Euro unterhalb der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle.
„Wenn neun Prozent aller Menschen zusätzlich zum Arbeitslosengeld Hartz IV brauchen, läuft etwas gewaltig schief. Die Leute fragen sich zu Recht, warum sie überhaupt Beiträge an die Arbeitslosenversicherung abführen, wenn das Arbeitslosengeld nicht mal ihre Existenz absichert, vom Lebensstandard ganz zu schweigen“, sagte LinkenPolitikerin Jessica Tatti.
Das Arbeitslosengeld müsse kinderunabhängig auf 68 Prozent des pauschalierten Nettoentgeltes angehoben werden. Zudem forderte sie einen jährlichen Inflationsausgleich für Arbeitslose.