Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
„Global Tactics“-Geschäftsführer tritt zurück
Moderator Jan Böhmermann hat in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“schwere Vorwürfe gegen das Kerkener Textilunternehmen Global Tactics erhoben. Dessen Chef Tom Illbruck zieht nun die Reißleine.
NIEUKERK Der Geschäftsführer der Firma Global Tactics aus Nieukerk, Tom Illbruck, hat nach den schweren Vorwürfen gegen ihn und seinen Geschäftspartner und Influencer Fynn Kliemann seinen Rückzug aus dem Unternehmen bekannt gegeben. In einer am Samstag veröffentlichen Stellungnahme auf der dafür eigens eingerichteten Homepage zstn.de heißt es, dass er die Firma „mit sofortiger Wirkung“um die Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses gebeten habe. Auf seinem Instagram-Account (rund 14.000 Follower) löschte der Unternehmer alle Beiträge und verwies ausschließlich auf die Homepage zu seiner Stellungnahme.
Wie berichtet, hatte Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“schwere Vorwürfe gegen den Maskenlieferanten Global Tactics und den Influencer und Musiker Fynn Kliemann erhoben. Masken, die als fair und in Europa hergestellt deklariert waren, sollen ursprünglich in Bangladesch und Vietnam hergestellt worden sein. Besonders schwer wiegt der Vorwurf, Kliemann und Global Tactics hätten 100.000 fehlerhafte Masken an Flüchtlingslager gespendet. Bei der Staatsanwaltschaft Kleve ging nach dem Bekanntwerden eine Strafanzeige wegen Betrugs ein. Dabei geht es um Anzeigen sowohl gegen Kliemann als auch gegen Illbruck. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein Ermittlungsverfahren aufgenommen wird.
In der neuen Stellungnahme bestreitet Illbruck die Vorwürfe, die auf Betrug hindeuten. Er räumt aber Fehler in der Kommunikation ein – und wirbt um Verständnis. Er habe in einer „außergewöhnlichen Zeit“, als Preise für Masken sehr hoch waren, Wege gesucht, mit seinen Erfahrungen und Global Tactics etwas Sinnvolles zu tun. So habe er seine Textilproduktion in Europa auf wiederverwertbare Maskenproduktion umgestellt. Weil die Nachfrage aber so groß gewesen sei, habe er nach weiteren Möglichkeiten der Produktion gesucht.
Durch einen Kontakt, der ihm von Fynn Kliemann vermittelt wurde, habe sich eine Möglichkeit ergeben, zusätzliche Masken in Asien produzieren zu lassen. Die Verantwortung für deren Mängel schiebt er Adrian Ahrens zu, auf dessen Wort er vertraut und der ihm zertifizierte Bedingungen und faire Löhne für die Mitarbeitenden vor Ort versprochen habe. Die Idee, fehlerhafte Masken zu spenden, sei ebenfalls von Ahrens
gekommen, schreibt Illbruck. Als Fehler bekannt gewesen sei ihm aber nur ein abweichendes Schnittmuster, das er für unproblematisch gehalten habe. „Ich habe mir vorzuwerfen, diese Darstellung nicht weitergehend hinterfragt zu haben“, heißt es in Illbrucks Stellungnahme. Dadurch habe er die im Raum stehenden Vorwürfe erst verursacht.
Aus heutiger Sicht müsse er sich klar eingestehen, dass er diesen Schritt ausdrücklich und proaktiv öffentlich hätte kommunizieren müssen. Sein Schweigen bis heute erklärt er damit, dass er sich erst ein genaues Bild habe machen wollen, „um die Sachlage so transparent wie möglich aufzuklären“. Vom Ausmaß der Mängel habe Illbruck erst durch die Anfang Mai veröffentlichten Recherchen des „ZDF Magazin Royale“erfahren. Spendenquittungen für fehlerhafte Masken habe Global Tactics weder erbeten noch erhalten.
Er allein könne und werde nun die Verantwortung für sein damaliges Handeln und seine Entscheidungen tragen, schreibt Illbruck weiter. Außerdem weist er in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die heutige Unternehmensgruppe Global Tactics Production GmbH & Co. KG sowie Global Tactics Service+Fulfillment GmbH nichts mit den Entscheidungen der damaligen Global Tactics Textilmanufaktur e.K. im Frühjahr 2020 zu tun habe, da sie erst im Jahr 2021 neu gegründet worden seien. Die Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Global Tactics Production GmbH & Co. KG umfasse auch alle weiteren Tätigkeiten innerhalb der Global Tactics Unternehmensgruppe. „Ich bin mir sicher“, so Illbruck, dass auch die derzeitige Aufstellung der Global Tactics Unternehmensgruppe die aktuellen Geschehnisse zum Anlass nehmen wird, Prozesse fortan noch transparenter als schon jetzt praktiziert, darzustellen. Auf der Internetseite www.global-tactics.de heißt es über Global Tactics: „Wir sind noch nicht perfekt, aber wir arbeiten jeden Tag an einem komplett transparenten und über die Maßen nachhaltigen Produkt.“