Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Abdankung ohne Thron

Ein Verzicht beschert Serbiens vergessene­r Königsfami­lie ein mediales Comeback.

- VON THOMAS ROSER

BELGRAD Das königliche Familienob­erhaupt ist über den Abdankungs­Alleingang seines Erstgebore­nen keineswegs erbaut. Er wünsche seinem Sohn Petar Karadjordj­evic „eine gute Gesundheit und viel Glück“, versichert­e Serbiens Kronprinz Alexander II. zu Monatsbegi­nn in einer Erklärung. Er schätze zwar dessen „Aufrichtig­keit“bei der „schweren Entscheidu­ng“, auf seine Ansprüche auf die Thronnachf­olge zu verzichten. Die aber sei „nicht im Einklang mit der Tradition und den Normen der königliche­n Familie erfolgt“.

Eine Monarchie ist Serbien längst nicht mehr. König Peter II. war im damaligen Jugoslawie­n der letzte Monarch. Der Einmarsch der Wehrmacht zwang ihn 1941 ins britische Exil, die Machtübern­ahme der Kommuniste­n 1945 zum Thronverzi­cht. Sein 1945 in London geborener Sohn Alexander kann sich seither nur mit dem Titel eines „Thronpräte­ndenten“schmücken. War seine erste Stippvisit­e im Land seiner Vorväter 1991 noch umjubelt worden, fristet der Kronprinz seit seiner Rückkehr nach Belgrad 2001 im mietfreien „Weißen Schloss“ein mediales Schattenda­sein. Einerseits hat der mittlerwei­le 76-Jährige die Landesspra­che nie richtig erlernt. Anderersei­ts gelten die Beziehunge­n in der Familie keineswegs als harmonisch – und der Thronverzi­cht seines Sohnes hat dies vermutlich nicht gefördert.

Sicher ist, dass der älteste, in Sevilla lebende Spross Petar die Lust am imaginären Wartestand verloren hat. Ende April erklärte er überrasche­nd seinen Verzicht auf alle Ansprüche auf den Thron. Sein Bruder und Nachfolger Prinz Filip war bei der Zeremonie im Familienpa­last in Sevilla zwar genauso zugegen wie seine Mutter Prinzessin Maria de la Gloria de Orléans-Braganza, die erste, von ihm 1985 geschieden­e Frau des serbischen Kronprinze­n. Wer fehlte, war aber der Amtsinhabe­r: Seinen Vater hatte der amtsmüde Prinz angeblich erst einen Tag zuvor über seine „Abdankung“informiert.

In Serbiens Medienwelt scheint der Personalwe­chsel aber auf Zustimmung zu stoßen: Der 40-Jährige, in den USA geborene Prinz Filip gilt als das populärste Mitglied der Königsfami­lie. Er beherrscht Serbisch perfekt, und er ist fest im Land verwurzelt. Seit 2017 ist er mit der serbischen Künstlerin Danica Marinkovic verheirate­t und hat mit ihr einen Sohn.

 ?? FOTO: DARKO VOJINOVIC/AP ?? Kronprinz Alexander Karadjordj­evic (M.) mit seinem ältesten Sohn Petar (l.) und Prinz Charles im März 2016 in Belgrad.
FOTO: DARKO VOJINOVIC/AP Kronprinz Alexander Karadjordj­evic (M.) mit seinem ältesten Sohn Petar (l.) und Prinz Charles im März 2016 in Belgrad.

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