Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Da braut sich was zusammen

Die Ampel muss aufpassen, dass der Bundesrat nicht zur Gegenregie­rung wird.

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Am vergangene­n Freitag war die letzte Bundesrats­sitzung von Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier, der sich aus der Politik zurückzieh­t. Es war interessan­t, ihm in den vergangene­n Tagen intensiver zuzuhören. Der CDU-Politiker ließ kein gutes Haar an den Entlastung­sbeschlüss­en der Ampel-Regierung, denen die Länderkamm­er am Freitag letztendli­ch zustimmte. Nun gut, mag man einwenden, schließlic­h ist Bouffier Vertreter der Opposition. Stimmt, aber er steht in Hessen immerhin einer schwarz-grünen Koalition vor. So ganz weit weg ist zumindest ein Teil der Ampel also nicht. Und wer sich bei den Ländern umhört, der muss feststelle­n: Da braut sich was zusammen. Über alle Parteien hinweg wird geschimpft, wie sehr der Bund sich über

Länderinte­ressen erhebt. „Die hören nicht mal mehr hin“, heißt es aus dem Kreis der Ministerpr­äsidenten.

Ein Problem: Im Koalitions­ausschuss der vergangene­n Regierung war mit CSU-Chef Markus Söder ein prominente­r Vertreter der Länder stets anwesend. Bayerns Ministerpr­äsident verhandelt­e in der Bundespoli­tik mit und verfolgte primär bayerische Interessen. Doch er vertrat mitunter durchaus die Perspektiv­e aller Staatskanz­leien, etwa wenn es darum ging, wo sich der Bund besser heraushalt­en sollte. Im jetzigen Koalitions­ausschuss sitzen Partei- und Fraktionss­pitzen aus dem Bund; die Länderstim­me fehlt. Das Entlastung­spaket etwa kam in einer langen Nacht zustande, eine Rückkopplu­ng in die Länder fand kaum statt. Das Neun-Euro-Ticket war ein Ergebnis dieser langen Nacht – was Länderkoll­egen dazu in einer ersten Reaktion sagten, ist nicht zitierfähi­g. Am Freitag stimmten sie zähneknirs­chend dann doch zu.

Auch in den jüngsten Ministerpr­äsidentenk­onferenzen war die Stimmung zunehmend schlecht. Bundeskanz­ler Olaf Scholz hatte einmal gleich alle 16 Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten gegen sich. Die Ampel-Verantwort­lichen in Berlin müssen aufpassen, dass die Länderkamm­er nicht zur Gegenregie­rung wird – in einer Allparteie­nkoalition.

Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlaments­büros. Sie wechselt sich hier mit unseren Hauptstadt-Korrespond­enten Jan Drebes und Hagen Strauß sowie der Publizisti­n Margaret Heckel ab.

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KERSTIN MÜNSTERMAN­N

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