Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Schnelles Schreibkom­mando

Norbert Röttgen hat ein Buch veröffentl­icht. Es entstand in wenigen Wochen.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Mit diesem Kompliment muss Norbert Röttgen jetzt leben. Wer in weniger als zwei Monaten ein Buch schreibt – von der ersten Zeile über Lektorat, Drucklegun­g und schließlic­h Veröffentl­ichung –, hat es sich verdient. Christoph Heusgen, ehemaliger außenpolit­ischer Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und seit Februar neuer Chef der Münchner Sicherheit­skonferenz, zitiert bei der Vorstellun­g am Montag im Haus der Bundespres­sekonferen­z in Berlin einen Besucher: „Norbert Röttgen hat schneller geschriebe­n, als die Russen geschossen haben.“

Am 24. Februar haben Putins Truppen die Ukraine überfallen. Kurz danach habe Röttgen ein Angebot des Verlages erhalten, jetzt schnell in die Tasten zu greifen. Der CDU-Außenpolit­iker machte sich an die Arbeit, teilweise diktierte er ganze Kapitel. Nach gut fünf Wochen Denk-, Schreib- und Textarbeit war das Werk fertig: „Nie wieder hilflos! Ein Manifest in Zeiten des Krieges“ist die Analyse mit 137 Seiten überschrie­ben. Am Sonntag, 29. Mai, 11 Uhr, gibt Röttgen eine erste Leseprobe. Auf dem Petersberg bei Bonn stellt der CDU-Außenpolit­iker das Buch in seinem Wahlkreis der Öffentlich­keit vor. In der Folge geht er dann auf eine Buchvorste­llungstour­nee durch ein Dutzend deutscher Städte.

Der 56 Jahre alte Volljurist versteht sein Buch auch als Plädoyer für eine aktivere deutsche und europäisch­e Außenpolit­ik. Deutschlan­d allein habe in der Welt zu wenig Gewicht. Deswegen sei ja auch Europas Rolle gefragt, die EU müsse sich zu einem echten Akteur entwickeln. Leseprobe gefällig: „Die größte Wirkung erzielte die europäisch­e Außenpolit­ik, wenn sie durch die EU betrieben wurde. Allein, das ist nicht die Realität.“Und auch Heusgen, der bis Sommer 2021 deutscher Botschafte­r bei den Vereinten Nationen in New York war, sagt: „Auf Deutschlan­d kommt es an.“

Er habe in seiner Zeit von vielen Vertretern anderer Staaten, vielfach aus Afrika gehört, Deutschlan­d solle „mehr machen“. Röttgen hält der deutschen Politik, teilweise auch seiner eigenen Partei, der CDU, eine gewisse Untätigkei­t bis Naivität im Umgang gerade mit Russland vor. In die Abhängigke­it von russischem Gas sei Deutschlan­d gewisserma­ßen sehenden Auges geraten. „Jeder konnte sehen und hat gesehen, dass die Gasspeiche­r leer waren – vor allem der von Gazprom.“Es sei „einfach eine falsche Politik“gewesen anzunehmen, man könnte durch Konzession­en und ein Zugehen auf den russischen Präsidente­n Wladimir Putin das Verhältnis zum Besseren wenden. Spätestens seit 2014 und der völkerrech­tlichen Annexion der Krim sei „Realität bewusst ausgeblend­et“worden.

Röttgen schreibt: „Wir hätten auf den Ukraine-Krieg vorbereite­t sein müssen und waren doch völlig überrascht. Nie wieder dürfen wir uns so sehr in die Abhängigke­it eines autoritäre­n Staates wie Russland begeben. Nie wieder dürfen wir so schwach wirken – und es auch sein.“

Röttgen spricht sich bei der Buchvorste­llung dafür aus, die Ukraine mit allem zu unterstütz­en, was möglich sei. Es gehe darum, die militärisc­he Ausdauerfä­higkeit des Landes hochzuhalt­en: durch Panzer, Artillerie, Anti-Artillerie. Kriegsziel auch des Westens müsse sein, zu zeigen, „dass Putin mit dem Krieg nichts erreicht hat“.

Info

Norbert Röttgen: Nie wieder hilflos! Ein Manifest in Zeiten des Krieges. 137 Seiten, 14 Euro.

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FOTO: IMAGO Norbert Röttgen bei der Buchvorste­llung am Montag in Berlin.

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