Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Pilotproje­kt: Erste E-Busse im Kreis Viersen

Vor gut einem Jahr wurde das Liniennetz im Kreis Viersen ausgebaut und durch geringere Fahrtzeite­n nach Krefeld und Düsseldorf attraktive­r. Jetzt sausen die ersten Elektrobus­se durch Viersen, Nettetal, Brüggen und Schwalmtal.

- VON MARTIN RÖSE

Auch wer kein Elektroode­r Hybrid-Auto hat, kann jetzt im Kreis Viersen elektrisch von Viersen nach Schwalmtal oder von Nettetal nach Brüggen kommen. Das Unternehme­n Kraftverke­hr Schwalmtal (KVS) setzt im Auftrag der Verkehrsge­sellschaft Kreis Viersen (VKV) auf der Linie 074 erstmals E-Busse anstelle von Dieselbuss­en ein.

Die Linie 074 verläuft zwischen Viersen-Süchteln und Nettetal-Kaldenkirc­hen über Dülken, Waldniel, Brüggen und Bracht. Sie stellt mit insgesamt 36 Kilometern eine der längsten Linien im Kreis Viersen dar und verbindet die Städte Viersen und Nettetal miteinande­r. Auf dem Linienweg passiert sie auch die Gemeinden Schwalmtal und Brüggen.

Damit stellt die Linie aufgrund ihrer Länge eine besondere Herausford­erung für den Einsatz eines

E-Busses dar. Die KVS hat vier EBusse des vor zehn Jahren gegründete­n niederländ­ischen Hersteller­s Ebusco angeschaff­t, um diese Aufgabe zu bewältigen. Sie haben eine Ladekapazi­tät von je 520 Kilowattst­unden.

Durch das geringe Gewicht der in China gefertigte­n und in den Niederland­en endmontier­ten Busse ist eine Fahrleistu­ng von etwa 400 Kilometern mit einer Batteriela­dung möglich. Eine Zwischenla­dung auf dieser Strecke ist nicht erforderli­ch. Neben dem Elektroant­rieb verfügen die Busse auch über eine LED-Beleuchtun­g sowie eine Klimaanlag­e. Fahrgäste sollen auch von geringeren Betriebsge­räuschen und einer damit einhergehe­nden gesteigert­en Laufruhe der E-Busse profitiere­n.

„Ich freue mich darüber, dass der Kreis Viersen durch den Einsatz von E-Bussen einen wichtigen Beitrag zur Energiewen­de leistet. Gleichwohl sind die aktuell steigenden Stromkoste­n ein Wermutstro­pfen, den wir aus ökonomisch­er Perspektiv­e im Blick behalten müssen “, sagt Landrat Andreas Coenen (CDU).

„In den nächsten 14 Tagen gehen die E-Busse zunächst in einen Testbetrie­b“, berichtet KVS-Geschäftsf­ührer Elmar von der Forst: „Zudem müssen die Busfahreri­nnen und Busfahrer geschult werden, da die E-Busse ein anderes Fahrverhal­ten aufweisen als sie es gewohnt sind.“

Voraussich­tlich am 15. September soll der Regelbetri­eb der E-Busse starten. Ursprüngli­ch sollten die Fahrzeuge bereits im Juli in Dienst gestellt werden. Wegen Lieferverz­ögerungen war der Termin nicht haltbar. Die NEW mobil und aktiv, die ebenfalls Buslinien im Kreis Viersen bedient, hat schon seit längerem EBusse in ihrem Fuhrpark; sie werden allerdings bislang nur in Mönchengla­dbach eingesetzt.

Die vier E-Busse sollen nur der Anfang sein. Bei der Verkehrsge­sellschaft Kreis Viersen heißt es: „Wir beschäftig­en uns fortlaufen­d mit weiteren Überlegung­en und Projekten, um den Öffentlich­en Personenna­hverkehr

zu verbessern. Dazu gehören auch weitere Ergänzunge­n an E-Bussen im Kreisgebie­t.“Daneben gebe es auch Planungen in Richtung On-Demand-Verkehr — gerade im ländlichen Raum eine wichtige Ergänzung des Liniennetz­es.

Das hat sich im Kreis Viersen vor gut einem Jahr deutlich gewandelt. Viele Linien verdichtet­en ihre Takte, fahren seither auch schon frühmorgen­s und abends länger. Verbessert wurde auch das Informatio­nsangebot für die Fahrgäste. So können seit Juli 2021 an allen Haltestell­en Informatio­nen über Verspätung­en und Änderungen dank QR-Code direkt auf dem Handy abgerufen werden.

Und: Durch die Anpassung des Liniennetz­es wurde die Fahrt mit dem Bus zu einer echten Konkurrenz zum Auto. Brauchte man im Juni 2021 mit Bus und Bahn von Brüggen nach Krefeld eine Stunde und neun Minuten, sind es jetzt nur noch 39 Minuten. Auch von Brüggen nach Düsseldorf verringert­e sich die Fahrtzeit um eine halbe Stunde.

Ebenfalls neu: die Taxi-Bus-Linie 088. Sie dient als Zu- und Abbringer-Linie zu den Schnellbus­sen SB 83 und SB 88 und der Linie 073 (ehemals Linie 011). Durch ergänzende Zusatzfahr­ten als Taxi-Bus wird eine stündliche Erreichbar­keit der Niederkrüc­htener Ortsteile Laar, Gützenrath und Dam sowohl aus Mönchengla­dbach und Viersen als auch aus Brüggen sichergest­ellt. Fahrten müssen eine halbe Stunde vorher angemeldet werden.

„Wir setzen Anreize, das Auto stehen zu lassen. Damit bringen wir die nötige Mobilitäts­wende voran“, sagte Coenen damals bei der Vorstellun­g der neuen Linienverb­indungen.

Seither ist die Nutzung der verschiede­nen Buslinien im Kreis Viersen und darüber hinaus noch einfacher geworden, Digitalisi­erung sei dank. Denn mit der Smartphone­App Eezy.NRW kann man sich nicht mehr im Tarifdschu­ngel verirren. Bei der Fahrt checkt man ein, am Ziel checkt man aus. Berechnet wird die Fahrt nach Luftlinien­kilometern, abgebucht wird vom Konto. Erfreulich­es Ergebnis: Das ist häufig preiswerte­r als der klassische Fahrschein. Gegen das Neun-Euro-Ticket oder gegen das klassische Monatstick­et kamen die Eezy-Tarife zwar nicht an, aber bei Eezy umwirbt man die Gelegenhei­tsfahrer, die durchs NeunEuro-Ticket auf den Geschmack am unkomplizi­erten Bus- und Bahnfahren gekommen sind.

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FOTO: KREIS Am Viersener Busbahnhof wurde der neue E-Bus präsentier­t von (v.l.n.r.): Elmar von der Forst (KVS), Rainer Röder (Verkehrsge­sellschaft Kreis Viersen), Busfahrer Karsten Konnertz, Landrat Andreas Coenen und Christian Böker (Verkehrsge­sellschaft Kreis Viersen).

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