Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Eine Bäckereifiliale zum Üben
Bäckereien kämpfen gegen den Mitarbeitermangel – und setzen zunehmend auch auf Quereinsteiger. Der Traditionsbetrieb Heicks hat eine Theke mit Kassensystem nachgebaut, um Neulingen die Arbeit näher zu bringen.
Dass es immer schwieriger wird, geeignetes Personal und Auszubildende zu finden, hört man derzeit aus vielen Branchen. Auch die Bäckerei Heicks & Teutenberg bleibt davon nicht verschont. Knapp 200 Mitarbeiter beschäftigt das Traditionsunternehmen der Geschäftsführer Walter und Christian Heicks. In zwölf Filialen gehen die Backund Süßwaren über die Theke – vom belegten Brötchen bis hin zur Schwarzwälder-Creme-Torte reicht das breite Sortiment.
In Sachen Personalgewinnung hat auch Heicks & Teutenberg schon einfachere Zeiten erlebt: „Es ist schwieriger geworden, Auszubildende zu finden. Wir erhalten weniger Bewerbungen als früher. In Spitzenzeiten hatten wir 24 Azubis – aktuell sind es fünf“, sagt Christian Heicks. Weil es zudem auf dem Arbeitsmarkt an Bäckereifachverkäuferinnen mangelt, setzt Heicks & Teutenberg zunehmend auch auf Quereinsteiger. „Viele kommen aus dem Einzelhandel, manche haben vorher im Büro gearbeitet“, sagt Christian Heicks.
Um den Quereinsteigern den Start in die neue Materie zu erleichtern, führt die Traditionsbäckerei firmeninterne Schulungen durch. Dazu hat das Unternehmen seit 2018 in seiner Zentrale am Sonnenweg einen Schulungsraum, der neben Konferenztischen und einem Beamer auch eine ganze Bäckereitheke und ein Kassensystem enthält. „Uns ist es wichtig, neuen Angestellten Hemmschwellen zu nehmen“, sagt Christian Heicks.
Drei Unterrichtsmodule mit verschiedenen Schwerpunkten sind derzeit für alle Verkaufs-Quereinsteiger vorgesehen. Es geht um Verkaufsförderung, Warenpräsentation, Produktbeschreibung, Kommunikation mit Kunden, Hygiene und den Umgang mit dem Kassensystem. Jedes Modul dauert einen Tag, und beinhaltet neben Theorie auch viel Praxis: Die Teilnehmerinnen simulieren dann zum Beispiel Verkaufsgespräche an der Verkaufstheke im Schulungsraum.
Was es alles braucht, um bei Heicks & Teutenberg im Verkauf arbeiten zu können, wird bei einem Besuch im Schulungsraum schnell deutlich: Die Produktpalette ist breit, und die Kunden – auch wenn’s im Schulungsraum keine echten sind – wollen natürlich auch beraten werden. Es geht dann nicht nur um die inhaltliche Zusammensetzung der Produkte, sondern auch um Dinge wie Geschmack. „Der Kunde entscheidet sich für uns, weil er Service und regionale Handwerksprodukte haben möchte. Sonst würde er ja in den Supermarkt gehen“, sagt Ann-Christin Nienhuys. Die 27-Jährige ist seit 2019 Ausbildungsleiterin für die Bäckereifachverkäuferinnen des Hauses, hat dort selbst 2017 als Innungsbeste ihre Ausbildung abgeschlossen.
Beim Bundeswettbewerb belegte sie den dritten Platz, und nach der Ausbildung machte sie noch die Weiterbildung zur Verkaufsleiterin – dem Pendant zum Bäckermeister sozusagen.
Nienhuys weiß also, worauf es ankommt. Das fängt schon bei der Begrüßung an. „Jeder Kunde hat verdient, dass er einen vollständigen Satz bekommt. Wir beginnen immer mit der Begrüßung, lächelnd und freundlich. Dabei müssen wir auch auf die Form achten: Bei Stammkunden und jungen Gästen kann ein ‚Hi’ in Ordnung sein, bei älteren Kunden benutzen wir eher ‚Guten Morgen‘ oder ‚Guten Tag‘. Und wir wollen keine Brockensprache wie ‚Wer bekommt?’“Ist ein Kunde unentschlossen, kann Beobachten helfen: „Schaut er immer wieder zum scharfen Hähnchen rüber, dann erzählt ihm doch was dazu und erleichtert ihm die Entscheidung“, erklärt Nienhuys den Schulungsteilnehmerinnen. Die Schulungen führt Nienhuys in der Regel mit Bediha
Taskiran durch, die als Filialbetreuerin einen Blick auf alle Filialen des Unternehmens hat. Dazu kommen gelegentlich Sonderschulungen: Bald kommt zum Beispiel wieder eine Barista, die die HeicksMitarbeiter im Umgang mit der imposanten Kaffeemaschine schult.
Die Schulungen sind im Übrigen nicht nur für die Quereinsteigerinnen gedacht: Auch die Auszubildenden durchlaufen sie zusätzlich zum Schulunterricht. In die Brötchen der Verkaufstheke sollten die Schulungsteilnehmer allerdings nicht beißen: „Die sind trockengebacken und halten ungefähr ein Jahr“, sagt Nienhuys. Dann doch lieber in eine der zwölf Fiialen gehen, wo die Brötchen vom geschulten Personal frisch kredenzt werden.