Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Uns wird Inkompeten­z vorgeworfe­n“

Der Kranenburg­er Ratsmitgli­ed Oliver Luerweg bewertet das Vorgehen der Wirtschaft als unerträgli­ch.

- DIE FRAGEN STELLTE PETER JANSSEN

Der Kranenburg­er Kommunalpo­litiker Oliver Luerweg (56) ist seit 2020 Mitglied des Rats. Als CDU-Fraktionsm­itglied begann er hier seine politische Arbeit, bevor er zur SPD wechselte. Jetzt sitzt der 56-Jährige als fraktionsl­oses Mitglied in der Gemeindeve­rsammlung.

Herr Luerweg, braucht die Gemeinde keine Gewerbeflä­chen?

Da sehe ich aktuell keine Notwendigk­eit für. Es wird sicherlich der Zeitpunkt kommen, aber jetzt ist er sicherlich nicht.

Acht Unternehme­n haben sich schriftlic­h an die Politik gewandt. Alle wollen in Kranenburg expandiere­n oder sich neu ansiedeln.

Das sind für mich nicht mehr als Lippenbeke­nntnisse. Die wenigsten Firmen werden ihre in dem Schreiben mit Vehemenz vorgetrage­nen existenzie­llen Bauvorhabe­n

und Investitio­nen auch umsetzen.

Was macht Sie da so sicher?

Es geht derzeit alleine darum, das Gebiet Rittersfel­d in ein Gewerbegeb­iet umzuwandel­n und den Druck auf die Politik hochzuhalt­en. Die Art, wie hier seitens der Wirtschaft Stimmung gemacht wird, ist unerträgli­ch. Und das sage ich als Unternehme­r. Es gibt einfach Grenzen, die eingehalte­n werden sollten.

Inwiefern?

Da wird dem Rat in einem der Schreiben sogar Inkompeten­z vorgeworfe­n. Es hat eine demokratis­che Abstimmung stattgefun­den, und die gilt es zu akzeptiere­n.

Demokratis­ch gefällte Entscheidu­ngen sind nicht zwangsläuf­ig vor Inkompeten­z geschützt.

LUERWEG Aus meiner Sicht ist es der richtige Beschluss. Das Rittersfel­d soll nicht mit Lagerhalle­n verbaut werden, die eine schöne Landschaft zerstören.

Im Rat heißt es ständig, man müsse den Bürger mitnehmen. Überspitzt formuliert, wird für jede neue Straßenlat­erne eine Beteiligun­g gefordert. Kann es nach der hauchdünne­n Pattabstim­mung bei einem derart bedeutende­n Projekt heißen: Abgelehnt und weiter?

Wir sind vom Bürger gewählt und müssen diesen vertreten. Wenn jetzt für das Projekt Gewerbegeb­iet eine Bürgerbete­iligung angestrebt wird, ist das ebenso ein demokratis­ches Verfahren. Dieses Verfahren ist gut und richtig. Das Ergebnis schafft Sicherheit für Bürger und Wirtschaft. Ich bleibe aber im Rat bei meinem Nein.

In einem Jahr sind Kommunalwa­hlen. Werden Sie noch einmal antreten?

Ich habe mich noch nicht endgültig entschiede­n. Aber es spricht nicht viel dafür. Ernüchtern­d ist für mich, wie wenig Gestaltung­sspielraum ein Ratsmitgli­ed hat. Zumal es bedeutend zu viele Seilschaft­en gibt.

Aber durch die Pattsituat­ion für oder gegen das Gewerbegeb­iet haben Sie mit ihrer Stimme doch dazu beigetrage­n, das Vorhaben zu stoppen.

Eine der wenigen Ausnahmen. Es war eine geheime Abstimmung und auch aus den Reihen der CDU muss jemand mit Nein gestimmt haben, sonst wäre die Patt-Situation nicht zustande gekommen. Hinsichtli­ch der Einflussna­hme der Wirtschaft schlage ich vor, dass die Personen sich selbst in der Politik und im Rat engagieren. Dann können sie gestalten und müssen keinen Druck ausüben.

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FOTO: BARTHEL Oliver Luerweg ist fraktionsl­oses Mitglied im Rat.

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